Merkels Markenzeichen: ihre Hände in Rautenform Foto: dpa

Seit 2005 regiert Angela Merkel. Nun wählen erstmals diejenigen mit, die bewusst noch keinen anderen Kanzler erlebt haben.

Stuttgart - Es ist das Jahr, in dem „Schnappi, das kleine Krokodil“ zehn Wochen lang die deutsche Single-Hitliste anführt. Die Dresdner Frauenkirche wird nach langem Wiederaufbau erneut zum Gotteshaus, der Hurrikan Katrina setzt große Teile von New Orleans unter Wasser. Mit Benedikt XVI. rückt ein Deutscher an die Spitze der römisch-katholischen Kirche. Und 2005 ist das Jahr, in dem Angela Merkelzum ersten Mal Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland wird.

Am 24. September 2017 dürfen drei Millionen Menschen zum ersten Mal an einer Bundestagswahl teilnehmen, die mit Merkel als Regierungschefin groß geworden sind. Es sind Erstwähler, die jedenfalls in der Lebenszeit, in der sie begannen Politik bewusst wahrzunehmen, niemand anderen im Kanzleramt erlebt haben als die seit zwölf Jahren regierende CDU-Politikerin. Die „Generation Raute“, wie sie von der ZEIT nach Merkels bevorzugter Hände-Haltung tituliert wurde, hat das Wahlalter erreicht.

Merkel liegt auch bei den Jungen klar vorn

Als 1998 Helmut Kohl trotz 16 Kanzlerjahren wiedergewählt werden wollte, scheiterte er auch deshalb, weil die jungen Leute in ihrer übergroßen Mehrheit des „ewigen Kanzlers“ überdrüssig waren und eine rot-grüne Erneuerung des Landes wollten.

Die „Generation Raute“ zeigt solche umstürzlerischen Symptome nicht. Das Umfrageinstitut Forsa ermittelte im Frühsommer, als es speziell die 18- bis 21-Jährigen in den Blick nahm, dass Merkel ihren SPD-Herausforderer Martin Schulz in dieser Generation genauso aussticht wie bei Älteren.

57 Prozent der befragten Jungwähler wollten Merkel weiterhin als Kanzlerin, nur 21 Prozent stimmten für Schulz. Das entsprach ziemlich genau der Kanzlerpräferenz der Gesamtbevölkerung, in der zu diesem Zeitpunkt 53 Prozent für Merkel waren und 23 Prozent für Schulz.

Eine selbstzufriedene, politikferne Generation?

Kommt da also eine unpolitische, selbstzufriedene Generation ins Wahlalter, die nur am Weiter-so interessiert ist? Ein genauerer Blick zeigt, dass diese Jungwähler nicht mehr oder weniger politikverdrossen sind als frühere. Gerade in letzter Zeit sind viele von ihnen in Parteien eingetreten oder haben bei politischen Bewegungen wie „Pulse of Europe“ mitgemacht – nicht zuletzt als Protestreaktion auf den Amerikaner Donald Trump und den Brexit.

Es ist eine Generation, die einerseits in einer wohlhabenden Gesellschaft und historisch einzigartigen Sicherheit aufgewachsen ist und andererseits wohl noch stärker als Ältere spürt, wie sehr diese Sicherheiten heute gefährdet sind – durch Kriege, Flüchtlingsströme, eine digitale Revolution und den Umbruch der Arbeitswelt.

Am Ende können wenige Stimmen entscheiden

Kann die „Generation Raute“ die Wahl entscheiden? Jeder dritte Wahlberechtigte ist bei dieser Bundestagswahl 60 Jahre und älter, selbst die Generation der unter 30-Jährigen stellt nur knapp ein Sechstel der Wahlberechtigten. Deutschland ist aktuell eher eine Rentnerdemokratie – und die Wahlbeteiligung der Älteren ist traditionell höher als bei den Jüngeren.

Aber in vielen Wahlen haben am Ende wenige Tausend Stimmzettel den Ausschlag gegeben, wer mit welcher Koalition regieren konnte.

Warum nicht auch diesmal?