Früher ist die Burg Lichtenberg eine Anlaufstelle für Marcel Distl gewesen. Foto: factum/Bach

Marcel Distl aus Freiberg am Neckar kandidiert für die FDP. Der 24-Jährige, der auf Landeslistenplatz 34 steht, sehnt sich die Rückkehr seiner Partei auf das Parkett im politischen Berlin herbei – denn dort fehle die liberale Kraft.

Freiberg/Neckar - Die Burg Lichtenberg hat sich der Freiberger Marcel Distl als Treffpunkt ausgewählt. „Früher sind meine Freunde und ich oft mit den Mopeds hier hochgekommen“, sagt er. Oben, das ist der Ort, an dem der 24-Jährige im Moment auch die FDP sieht. Das Treffen findet am Morgen nach der Wahlkampfveranstaltung mit Parteichef Christian Lindnerin Ludwigsburg statt. „Bombastisch“ sei es gewesen, bilanziert er. 600 Leute – und das am Nachmittag. Wäre der Termin am Abend gewesen, wäre eine größere Halle nötig gewesen, meint Distl.

Das hat den Parteifreunden Aufwind gegeben. Distl bleibt gleichwohl vorsichtig. „Eine Wahl ist kein Selbstläufer. Auch wenn es für uns laut Umfragen seit Wochen gut aussieht, so etwas kann sich doch ganz schnell drehen.“

Eine Niederlage, so hat es den Anschein, wäre für den Politneuling Marcel Distl jedoch ein unbekanntes Gefühl. Als Spätberufener hat er schnell Karriere gemacht in der Partei. Doch wirbt er in diesem Wahlkampf vor allem um Zweitstimmen. Denn mit dem Landeslistenplatz 34 wird es vermutlich noch nichts mit dem Umzug nach Berlin.

Handeln statt lamentieren

„Der Liberalismus hat mir schon immer zugesagt“, sagt Marcel Distl. Entsprechend stellte sich für ihn nicht die Frage, hinter welcher Partei er am 22. September 2013 – der ersten Bundestagswahl, bei der er selbst mitbestimmen durfte – sein Häkchen macht. Genützt hat es nichts, die FDP scheiterte damals an der Fünf-Prozent-Hürde. „Dafür hat man schnell gemerkt, was passiert, wenn eine liberale Kraft in Berlin fehlt“, sagt Distl.

Statt zu lamentieren entschied er sich zu handeln. Damals noch parteilos, startete Distl ein Praktikum bei der FDP-Fraktion im Stuttgarter Landtag. Der Schorndorfer Abgeordnete Jochen Hausmann (Rems-Murr-Kreis) war es schließlich, der den Stein ins Rollen brachte. „Nach nur einer Woche legte er mir eine Beitrittserklärung vor.“ Es sollte die Basis sein für eine schnelle Parteikarriere. Schnell hat sich Marcel Distl auch das liberale Vokabular erarbeitet. Den Willen von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, eine Quote für Elektrofahrzeuge einzuführen, hält er „für einen planwirtschaftlichen Eingriff“. Er selbst fordert eine behutsame Technologiewende. „Vielleicht fahren wir bald mit der Wasserstoffzelle oder mit einem Antrieb, den heute noch niemand kennt.“

Online aktiv statt mit gedruckten Prospekten

Dass der Verkehr zunimmt, scheint sicher für ihn. „Wir dürfen deshalb keine Angst davor haben, neue Straßen zu bauen.“ Er hat sich auch das Thema Breitbandausbau auf die Fahne geschrieben. Es könne nicht sein, dass Unternehmen in der Region im Schneckentempo durchs Internet kriechen, sagt er. Entsprechend versucht er, seine Kompetenz in den sozialen Medien unter Beweis zu stellen. „Meine Mittel für den Wahlkampf investiere ich lieber dort statt in eine teure Vollverteilung von Papierflyern“, sagt er.

Allerdings muss er sich eingestehen, dass es nicht leicht ist, Reichweite im Netz aufzubauen. Das bislang erfolgreichste Video in der Facebook-Rubrik „Marcels Monday Talk“ ist dasjenige zum polarisierenden Thema Cannabis. Dem Jungpolitiker ist es vor allem ein Anliegen, diejenigen zu schützen, die das Mittel aus medizinischen Gründen zu sich nehmen. „Sie leben nämlich ständig in der Gefahr, den Führerschein zu verlieren.“

Auch bei der Zuwanderung wünscht er sich eine Gesetzesänderung: Zum einen müsse die Registrierung der Ankommenden zuverlässiger werden. Zum anderen aber auch ein Weg gefunden werden, wie Menschen etwa aus den Balkanstaaten, die keine Chance auf eine Asyl-Anerkennung haben, als legale Zuwanderer im Land arbeiten könnten. Dann gäbe es in den Unterkünften auch wieder Platz für berechtigte Asylbewerber.

Eine steile Karriere

Werdegang
Marcel Distl erblickt im Dezember 1992 im Ludwigsburger Krankenhaus das Licht der Welt. Aufgewachsen in Freiberg, studiert er in Würzburg Politikwissenschaft und Soziologie. Sein Traum von einem Praktikum im Bundestag platzt, weil die Liberalen dort nicht vertreten sind, als der 24-Jährige soweit ist. Stattdessen absolviert er bei der FDP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg sein Praktikum. Nur eine Woche nach Beginn ist er Parteimitglied. In seiner Freizeit ist Marcel Distl viel mit dem Rad unterwegs. Das Hobby habe er jüngst wiederentdeckt. Engagement Der 24-Jährige hat nach seinem Parteieintritt im Jahr 2015 eine steile Karriere hingelegt. Nur ein Jahr später ist er Kreisvorsitzender der Jungliberalen und Bundestagskandidat geworden, seit diesem Jahr ist er auch stellvertretender Kreisvorsitzender der FDP.