Ein Ausschuss soll die Hintergründe der NSU und Versäumnisse der Behörden aufklären.

Berlin - In seltener Einmütigkeit hat der Bundestag einen Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Neonazi-Morde beschlossen. Alle Fraktionen stimmten am Donnerstag dem gemeinsam ausgehandelten Antrag zu. Vertreter aller Fraktionen erklärten, dass die Vorgänge rückhaltlos aufgeklärt werden müssten, um Konsequenzen für Polizei und Verfassungsschutz zu ziehen. Parteipolitische Streitereien sollen nicht im Vordergrund stehen. Der Ausschuss kommt an diesem Freitag zur konstituierenden Sitzung zusammen.

Das Vertrauen in den Rechsstaat sei erschüttert worden

Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU) sagte, der Vorwurf, dass die Sicherheitsbehörden auf dem rechten Auge blind seien, dürfe nicht stehenbleiben. „Da sind wir uns alle einig.“ Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte, das Vertrauen in den Rechtsstaat sei mit der Neonazi-Mordserie in Teilen der Bevölkerung nachhaltig erschüttert worden. „Nur ein Untersuchungsausschuss kann Zeugen unter Wahrheitspflicht vorladen und sie zwingen, zu sagen, was sie wissen, damit alles auf den Tisch kommt.“

Der Ausschuss soll klären, warum die rechtsextreme Zwickauer Neonazi-Gruppe jahrelang in Deutschland rauben und morden konnte, ohne dass Sicherheitsbehörden sie im Visier hatten. Auf das Konto der Rechtsterroristen gehen unter anderem Morde an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie an einer Polizistin. Der Ausschuss hat die Möglichkeit, einen Sonderermittler einzusetzen. Zudem wird es eine Bund-Länder-Kommission geben, um die Zusammenarbeit der Behörden von Bund und Ländern zu überprüfen.

Vorsitzender des Gremiums wird SPD-Politiker Sebastian Edathy

Nicht durchsetzen konnten sich Linke und Grüne mit ihren Anträgen, die Zahl der Ausschussmitglieder doch noch zu ändern. Dem Ausschuss werden somit elf Abgeordnete angehören: vier Abgeordnete von der Union, drei von der SPD, zwei von der FDP und je einer von Grünen und Linken. Linke und Grüne haben kein eigenständiges Beweisantragsrecht. Der CDU-Innenexperte Clemens Binninger sicherte aber zu, dass Anträge von Linken und Grünen in dem Ausschuss nicht an der Union scheitern würden, wenn sie berechtigt und sinnvoll seien.

Vorsitzender des Gremiums wird der SPD-Politiker Sebastian Edathy sein. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte, die Taten der Rechtsextremisten gehörten zweifelslos zu den schwersten Verbrechen in der Bundesrepublik. Der Ausschuss müsse auch Belege für die Verfassungswidrigkeit der rechtsextremen NPD sammeln, um diese in einem zweiten Verbotsverfahren zu verwenden.

Erstes Verbotsverfahren der NPD war 2003 gescheitert

Ein erstes Verfahren war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht an der Frage von V-Leuten des Verfassungsschutzes in Führungsgremien der Partei gescheitert. Ob es einen zweiten Anlauf für ein Verbot geben wird, ist noch offen. Die Parlamentarier hoffen, dass auch die Länder an der Aufklärung mitarbeiten werden. Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss widmet sich primär Verfehlungen von Bundesbehörden.

Die Grünen sind überzeugt, dass auch Zeugen aus den Ländern aussagen müssen und das Gremium auch Einsicht in Landesakten nehmen darf. Sie stützen sich dabei auf Ausführungen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.