IWF-Chefin Lagarde und Bundesfinanzminister Schäuble (rechts) sind zurzeit über Kreuz. Foto:  

Die Währungsfondschefin Christine Lagarde hat Deutschland aufgefordert, mehr für die Konjunktur zu tun und die Deutsche Bank aufgefordert, ihr Geschäftsmodell zu überprüfen. Der deutsche Finanzminister reagiert mit Unmut.

Washington - Offener Streit zwischen der Bundesregierung und dem Internationalen Währungsfonds: Am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) aus seinem Unmut über Forderungen des Währungsfonds zur Deutschen Bank sowie zu Konjunkturhilfen in Deutschland keinen Hehl gemacht. Der IWF hatte die angeschlagene Deutsche Bank aufgefordert, ihr Geschäftsmodell zu überprüfen. IWF-Chefin Christine Lagarde verlangte auch, die Bundesregierung müsse ihre Haushaltsspielräume stärker nutzen, um das Wachstum anzukurbeln.

„Das tun wir“, rief Schäuble daraufhin während einer Podiumsdiskussion am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) aus, bei der er neben der IWF-Direktorin saß. „Fantastisch“, quittierte wiederum Lagarde ironisch diesen Einwurf. Zu den Appellen des IWF an die Deutsche Bank sagte Schäuble am Freitag vor Journalisten, es sei nicht Aufgabe der in Washington ansässigen internationalen Finanzinstitutionen, „die Banken zu beaufsichtigen“. Innerhalb Europas und Deutschlands gebe es eine Reihe von Institutionen, die dafür zuständig seien

Einen eigenen Kommentar zur Lage der Deutschen Bank lehnte Schäuble ab. Dies „überlasse ich den Mitarbeitern des IWF“, spottete er während der vom TV-Sender CNN veranstalteten Podiumsdiskussion. Von seiner Seite wäre selbst „’Kein Kommentar’ die falsche Antwort“. Lagarde forderte hingegen in einem TV-Interview, die Deutsche Bank müsse angesichts der niedrigen Zinsraten prüfen, welche Größe sie in Zukunft haben wolle und wie sie ihre langfristige Rentabilität verbessern könne. Allerdings sei das deutsche Finanzinstitut nicht die einzige Bank, „die diesen Job erledigen muss“, fügte die IWF-Chefin in Bloomberg Television hinzu.

Ähnlich hatte sich bereits zwei Tage zuvor der IWF-Finanzmarktexperte Peter Dattels geäußert. Die Deutsche Bank müsse ihre Investoren davon überzeugen, „dass ihr Geschäftsmodell zukunftstauglich ist“, sagte er. Die Deutsche Bank steht derzeit in Verhandlungen mit dem US-Justizministerium über die Höhe einer milliardenschweren Strafzahlung wegen ihrer früheren Geschäfte mit faulen Hypotheken. In dem TV-Interview appellierte Lagarde auch an die Deutsche Bank, einen Einigungsvorschlag selbst dann zu akzeptieren, wenn er nicht ihren Vorstellungen entspreche. Eine aus Sicht der Bank „schlechte“ Einigung sei immer noch besser als ein Gerichtsverfahren.

Eine schnelle Einigung sei wünschenswert, weil dann „etwas Klarheit“ darüber geschaffen werde, ob die von der Deutschen Bank gebildeten Rückstellungen ausreichten oder nicht, sagte die IWF-Direktorin. Das US-Justizministerium hatte ursprünglich von der Deutschen Bank eine Zahlung von 14 Milliarden Dollar (rund 12,5 Milliarden Euro) verlangt. Die gigantische Strafforderung hatte an den Märkten die Sorge wachsen lassen, dass es zu einem Bankencrash ähnlichen Ausmaßes wie 2008 kommen könnte. Allerdings hat die Bank nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP inzwischen in ihren Verhandlungen mit dem US-Justizministerium erreicht, dass die Strafe deutlich reduziert wird und voraussichtlich bei etwa 5,4 Milliarden Dollar liegen soll. Die Deutsche Bank hat 5,5 Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zurückgelegt.