Bund und Länder haben einen Kompromiss im Umgang mit Notgroschen der Lebensversicherer erzielt. Foto: dpa-Zentralbild

Die Unternehmen der Versicherungsbranche sind nicht glücklich über einen Kompromiss, der einen Streit zwischen den Ländern und dem Bundesfinanzministerium beilegt.

Berlin - Die Versicherungsbranche schüttelt den Kopf – die Verbraucherschützer glauben, zugunsten der Kunden von Lebensversicherungen einen Etappensieg errungen zu haben. Bund und Länder haben einen Kompromiss beim künftigen Umgang mit einem milliardenschweren Finanzpuffer von Lebensversicherungen erzielt.

Es geht um einen Finanztopf, aus dem Kunden Gelder als Überschussbeteiligung gut geschrieben werden, aus dem Kunden am Ende einen Schlussüberschuss bekommen, der aber auch als Notgroschen für schwierige Zeiten gedacht ist.

Angesichts der lange schon chronisch niedrigen Zinsen sind die Zeiten derzeit für die Branche überaus schwierig. Daher versucht sie seit langem, bei der Politik Zugeständnisse zu bekommen. Andererseits gilt es, die Interessen der Verbraucher zu wahren. Auch ihnen mutet die Niedrigzinsphase Härten zu. Es ist also eine Gratwanderung.

Im Fachjargon heißt der Topf, um den es geht: Rückstellung für Beitragsrückerstattung, kurz RfB. Die RfB war bislang geteilt in einen Altbestand mit Geldern, die mit den Beiträgen von Kunden zusammen gekommen sind, die vor 1994 ihren Vertrag abgeschlossen haben, und einem Neubestand mit Gelder, die später datierten Verträgen zuzuordnen sind. Pikant ist, dass der Topf des Altbestandes gut gefüllt ist, dass also der Notgroschen selbst für die heutigen heiklen Zeiten ordentlich bemessen ist. Von dem Notgroschen des Neubestandes kann man es nicht behaupten. Im Gegenteil.

Das Bundesfinanzministerium hat die Mauer in der RfB zwischen Alt- und Neubeständen aufgehoben. Damit waren auch die Verbraucherschützer im Prinzip einverstanden. Kritik gab es an einer Verordnung des Ministeriums, die Details regeln sollte.

Verbraucherschütze befürchteten, dass durch diese Operation den Unternehmen Milliarden an Liquidität zugeschanzt werden sollten. Stand 2011 waren in dem Topf der Altverträge immerhin 15,3 Milliarden Euro. Neuere Zahlen gibt es nicht. 2011 waren aber bereits 65 Prozent der Altkunden ausgeschieden, weil ihre Verträge ausgelaufen waren.

Der Kompromiss sieht nun vor, dass in dem Finanzpuffer nicht so viel Geld angehäuft werden kann wie ursprünglich geplant. Wenn eine bestimmte Summe überschritten wird, muss das Geld einzelnen Verträgen der Versicherten zugeordnet werden und steht damit der Branche auch nicht mehr als Eigenkapital zur Verfügung. Außerdem wurde beschlossen, dass die bisherige Regelung nach fünf Jahren überprüft wird. Man erhofft sich, dass dann auch mehr Transparenz geschaffen wird und die Branche Zahlen zum Volumen der Gelder angeben muss, um die es geht.

Die Branche beurteilt den Kompromiss skeptisch. Peter Schwark vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Wir sind nicht glücklich mit dieser Lösung.“ Angesichts der Niedrigzinsphase müssten die Unternehmen erhebliche Herausforderungen an den Kapitalmärkten meistern. „Da kann es nicht sinnvoll sein, die Finanzpuffer zur Abfederung ungünstiger Kapitalmarktentwicklungen zu reduzieren.“

Anders sieht es Philipp Nimmermann, Finanzstaatssekretär in Schleswig-Holstein. Der Grüne hat die Lösung mit dem Bundesfinanzministerium für Bremen und Schleswig-Holstein ausgehandelt: „Der Kompromiss ist ein fairer Ausgleich unterschiedlicher Interessen von Verbrauchern und Unternehmen der Versicherungsbranche.“