Bundespräsident Steinmeier will weiter über einen Pflichtdienst sprechen (Archivfoto). Foto: dpa/Silas Stein

Nachdem es keinen Wehr- und Zivildienst mehr in Deutschland gibt, forderte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einigen Wochen eine neue soziale Pflichtzeit. Die Diskussion will er weiterführen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält an seinem Vorstoß für eine soziale „Pflichtzeit“ trotz vielfacher Kritik fest. „Es hat mich nicht verwundert, dass nicht alle sofort zugestimmt haben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich habe die Debatte so wahrgenommen, dass nach einigen spontanen Reaktionen ein erfreulich differenziertes Abwägen von Argumenten begonnen hat.“ Im Juni löste der Bundespräsident eine emotionale Debatte über einen Pflichtdienst für junge Menschen aus. Die einen halten den Vorschlag – besonders in Anbetracht der Corona-Krise für unangemessen. Junge Menschen solle selbst überlassen bleiben, inwiefern sie sich neben ihrer ohnehin zeitintensiven Ausbildung engagieren. Andere sehen hier eine Erweiterung des eignen Horizontes und einen sinnvollen Einsatz für die Gesellschaft.

Ein Versanden der Debatte befürchte er nicht. Steinmeier hatte für die von ihm angeregte Debatte über eine Pflichtzeit für alle mit einem Dienst an der Gesellschaft starken Widerspruch erhalten.

Viele Krisen stehen noch bevor

„Wir wissen nicht genau, was uns im Herbst erwartet, aber sicher ist doch, dass sich die Frage, wie wir wieder zu mehr Gemeinsinn kommen, im Herbst in aller Dringlichkeit stellen wird“, sagte Steinmeier. Deutschland stehe vor großen Herausforderungen wie dem Krieg in der Ukraine, dem Klimawandel, der sicheren und bezahlbaren Versorgung mit Energie und Lebensmitteln. „Wir werden daher alle gemeinsam überlegen müssen, wie wir künftig als Gesellschaft zusammen leben wollen. Ich bin sicher, wir werden dabei auch über Möglichkeiten und Chancen der sozialen Pflichtzeit debattieren.“

Der Bundespräsident berichtete, ihn hätten in den vergangenen Wochen viele Zuschriften erreicht. Besonders freue ihn, dass sich auch ganz junge Menschen zu Wort gemeldet hätten. „Sie sind nicht alle einverstanden, aber bereit zu diskutieren. Viele von ihnen treten stark für eine Erweiterung der Möglichkeiten einer freiwilligen Dienstzeit ein.“

Freiwilligkeit alleine reiche nicht aus

Hier zeigte sich Steinmeier jedoch skeptisch. „Ich freue mich sehr, dass es so viele Freiwillige gibt, die sich engagieren. Eine Frage ist aber, wie wir die erreichen, die sich aus den verschiedensten Gründen nicht engagieren wollen oder können, die in ihren Milieus verbleiben.“ Unsere Gesellschaft lebe doch davon, „dass sich die vielen Bubbles - soziale, politische, kulturelle - vermischen können“, sagte der Bundespräsident. „Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass es dafür einen Anstoß braucht, und das könnte die soziale Pflichtzeit sein, bei der alle mitmachen.“

Steinmeier betonte, seine Idee lasse viel Raum für Debatten um ihre Ausgestaltung. „Es muss eben kein Jahr sein, das Männer und Frauen leisten könnten für die Gesellschaft, es können auch ein paar Monate sein. Vielleicht kann man sie auch flexibel auf bestimmte Lebensabschnitte verteilen.“ Die Pflichtzeit solle auch nicht auf bestimmte Altersgruppen oder bestimmte Einrichtungen beschränkt sein.