Die Bundespolizei patrouilliert am Bahnsteig vor einem ICE (Symbolbild). Foto: dpa/Patrick Seeger

Kurioser Alltag bei der Bundespolizei: Erst wird ein Schwarzfahrer als Taschendieb entlarvt – dann fällt er als Wiederholungstäter mit anderer Identität auf.

Manchmal kann auch die Bundespolizei nur staunen: Ein junger tatverdächtiger Taschendieb ist innerhalb weniger Stunden am Stuttgarter Hauptbahnhof zweimal erwischt worden – und ist in dieser kurzen Zeit um zwei Jahre gealtert. Freilich nur scheinbar: Der Beschuldigte hat zwei Identitäten. Der angeblich 17-Jährige landete schließlich als 19-Jähriger in Untersuchungshaft.

Der erste Fall: ein schlafendes Opfer

Am Donnerstag gegen 3.20 Uhr war eine Reisende in einem ICE bestohlen worden. Sie war auf der Fahrt von Mannheim nach Stuttgart eingeschlafen – und das hatte ein Langfinger prompt ausgenutzt. Allerdings erwies sich das als Eigentor. Denn der Verdächtige war ohne Fahrkarte im Zug unterwegs und wurde von Bahnbediensteten als Schwarzfahrer der Bundespolizei übergeben. Die Beamten fanden die gestohlene EC-Karte und Krankenkassenausweis der bestohlenen Reisenden. Der junge Tatverdächtige wurde als 17-jähriger Algerier erkennungsdienstlich behandelt, angezeigt und als Minderjähriger wieder auf freien Fuß gesetzt.

Der zweite Fall: verlockende Rucksäcke

Taschendiebexperten der Bundespolizei sichteten am selben Tag gegen 11.30 Uhr im Hauptbahnhof einen jungen Mann, der sich auffällig Frauen und deren Taschen näherte. Die Beamten beobachteten, wie er einer 64-Jährigen etwas aus dem Rucksack ziehen wollte. Die Frau wurde aufmerksam, und der Langfinger flüchtete. Im zweiten und dritten Fall nahm er eine 37-Jährige ins Visier – scheiterte aber auch hier, blieb ohne Beute. Schließlich versuchte er es in einem abfahrbereiten ICE und durchsuchte einen abgestellten Rucksack. Dabei wurde er von der 30-jährigen Besitzerin erwischt – und die Beamten in Zivil griffen zu.

Ein Zettel weckt den Verdacht

Der Verdächtige hatte einen Zettel mit einer Anschrift in Heidelberg dabei, der ihn als 19-jährigen marokkanischen Flüchtling auswies. „Bei der Anzeigenaufnahme auf dem Revier fiel dann aber auf, dass man diesen jungen Mann schon kannte“, sagt Bundespolizeisprecherin Janna Küntzle. Aussehen und Fingerabdrücke stimmten überein – es war der angeblich 17-Jährige, den man Stunden zuvor erwischt hatte. Nun stellte sich heraus, dass er bereits als 19-Jähriger in den Polizeisystemen registriert ist. Der Beschuldigte wurde am Freitag als Heranwachsender einem zuständigen Haftrichter vorgeführt – und der schickte ihn hinter Gitter. Es heißt, dass der 19-jährige Geflüchtete nach wie vor 17 sein will.