Außenministerin Annalena Baerbock versprach für die Zukunft eine restriktivere Rüstungspolitik. Foto: AFP/INA FASSBENDER

Beim Parteitag mahnt die Parteiführung mehr und schnellere Unterstützung für das überfallene Land an. Außenministerin Annalena Baerbock rechtfertigt ihr Vorgehen in Sachen Saudi-Arabien.

Die Grünen dringen darauf, der Ukraine im Kampf gegen die russischen Invasoren mehr Waffen zu liefern und das auch schneller zu tun. Man müsse akzeptieren, dass die Waffen Menschenleben retten, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour am Samstag auf dem Bundesparteitag in Bonn. Es gehe darum, den Ukrainern so schnell wie möglich zu helfen. „Ich weiß, das ist für eine Friedenspartei nicht einfach. Aber Frieden ist nicht einfach.“

Am Vortag hatte bereits die Co-Vorsitzende Ricarda Lang gesagt: „Ich bin davon überzeugt, dass wir mehr Waffenliefern müssen, dass wir schneller liefern müssen. Die Zeit der Zögerlichkeit ist vorbei.“

Außenpolitik im Fokus

Am zweiten Tag des Grünen-Parteitags steht die Außenpolitik im Zentrum der Beratungen. Zur Abstimmung steht ein Leitantrag des Bundesvorstands, in dem es unter anderem heißt: „Der russische Angriffskrieg in der der Ukraine führt uns vor Augen, wie fatal es ist, wenn wir uns von Autokraten und außenpolitisch Akteuren abhängig machen. Und wir stellen fest, wie existenziell eine ausreichende zivile und militärische Wehrhaftigkeit ist.“ Weiter ist zu lesen: „Deshalb liefern wir Waffen an die Ukraine und wollen das auch weiterhin verstärkt tun, wo nötig auch aus den Beständen der Bundeswehr und der Industrie.“

Gleichwohl versuchen die Grünen auf dem Delegiertentreffen, ihrer Tradition als Friedens- und Menschenrechtspartei gerecht zu werden. Parteichef Nouripour sagte unter tosendem Applaus der Delegierten, die Grünen stünden fest an der Seite der Frauen im Iran, in der Ukraine und in Saudi-Arabien. Frauenrechte seien Menschenrechte, das sei für die Partie nicht verhandelbar. Im Leitantrag des Bundesvorstands heißt es auch, trotz der militärischen Unterstützung der Ukraine stünden die Grünen „im Sinne einer feministischen Außenpolitik langfristig für die Prinzipien von Abrüstung und Demilitarisierung sowie den Vorrang des Zivilen ein“.

Baerbock rechtfertigt sich

Außenministerin Annalena Baerbock verteidigte in Bonn, dass sie selbst sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck im Bundessicherheitsrat der Regierung die Lieferung von Rüstungsgütern an Saudi-Arabien gebilligt hatten. Dies geschah im Rahmen eines europäischen Programms mit Italien, Spanien und Großbritannien. Die Grünen argumentieren, dass es sich dabei um alte Verpflichtungen gehandelt habe. „Wir liefern nicht direkt nach Saudi-Arabien“, sagte Baerbock. In dem Land würden Menschenrechte mit Füßen getreten.

Baerbock und Nouripour versprachen für die Zukunft eine restriktivere Rüstungspolitik. Die Bundesregierung arbeitet an neuen Regeln für Waffenlieferungen. Im Ampel-Koalitionsvertrag heißt es mit Blick auf Saudi-Arabien: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“

Keine Kampfabstimmung

Die schwarz-rote Vorgängerregierung hatte Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien wegen dieser Kriegsbeteiligung sowie wegen des Mordes an dem systemkritischen Journalisten Jamal Khashoggi weitgehend gestoppt. Auf dem Grünen-Parteitag waren am Samstag trotz heftiger Debatten in den Vortagen keine Kampfabstimmungen in Sachen Rüstungsexporte zu erwarten; die diversen Antragssteller einigten sich auf ein gemeinsames Vorgehen.

Das Delegiertentreffen in Bonn dauert noch bis Sonntag. Dann soll bei den Debatten die Klimapolitik im Mittelpunkt stehen. Am Freitagabend hatte der Parteitag Wirtschaftsminister Habeck in der Auseinandersetzung um die Laufzeiten der verbliebenen Atomkraftwerke den Rücken gestärkt. Habeck will allenfalls die beiden süddeutschen Meiler einige Monate über den Jahreswechsel hinaus laufen lassen, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität erforderlich ist. Das Kraftwerk Emsland in Niedersachsen soll aber wie geplant Ende 2022 vom Netz gehen. Die FDP hingegen dringt innerhalb der Ampelkoalition darauf, angesichts der Energiekrise in Europa alle drei Meiler bis mindestens 2024 laufen zu lassen.