Ehemaliger Bundesliga-Trainer Giovanni Trapattoni: Als Klinsmann aus Zorn in die Tonne trat Foto: dpa

Lasche Zweikämpfe, monotones Ballgeschiebe, Spiele ohne Herz und Idee. Warum die Bundesliga nur noch nervt.

Stuttgart - Weil die Wahrheit manchmal mehr schmerzt als ein Tritt in den Allerwertesten, planen die Kulissenschieber des Bundesliga-Freizeitparks angeblich, den März künftig aus dem Kalender zu streichen. Dann müssten sich die Wächter über das Hochamt deutscher Fußballkunst nicht darin überbieten, das General-Versagen einheimischer Stehgeiger-Ensembles in der Champions League als Naturereignis abzutun. Mit dem, nach deren menschlichem Ermessen, nur alle hundert Jahre zu rechnen sei.

Löw und die erlahmenden Altstars

Und Jogi Löw hätte sich nicht fortwährend dafür zu entschuldigen, dass er persönlich ins Alpenvorland eilte, um drei erlahmten Altstars ihr Aus in der Nationalmannschaft in homöopathisch erträglichen Dosen einzuträufeln. Keine Frage: Hummels, Boateng und Müller haben sich um die Bestenauswahl in kurzen Hosen verdient gemacht - mit Sicherheit ist aber auch keiner von ihnen ärmer geworden mit dem Bundesadler als Gütezeichen ihrer Ballbehandlung auf der Brust.

Und womöglich blieben die Liebhaber des energiegeladenen Spiels ohne den März verschont von Partien, die an Einfallslosigkeit, Torarmut und Hasenfüßigkeit kaum zu überbieten sind, aber nach Spielschluss von fußball-akademisch gebildeten Labertaschen erläutert werden, wie eine Forschungsarbeit über Schwarze Löcher.

Liga ohne Ideen

Dabei steckt das Premium-Produkt Bundesliga nach Jahren der Selbstüberschätzung mal wieder in der Krise. Die Standardauskunft auf der Suche nach der verlorenen Fußballkunst: „Wir haben keine Idee. Aber die anderen haben ja auch mehr Geld.“ Vor allem die Engländer. Weil das Fernsehen die Kohle mit dem Lastwagen in die Premier League schüttet – und private Investoren sich einen Club gönnen wie unsereiner einen Rostbraten mit Spätzle. Aber auch auf der Insel hält sich die Lust in Grenzen, schlechten Investitionen gutes Geld hinterher zu werfen. Der englische Fußball jedenfalls hat sich nach dürren Jahren runderneuert.

Der genervte Beobachter der deutschen Weinerlichkeit dagegen sehnt sich zurück nach Fußballlehrern, die noch eine Idee hatten, wie man den Herren Profis Beine machen könnte. Giovanni Trapattoni etwa, der als Trainer beim FC Bayern Jürgen Klinsmann immerhin antrieb, in eine Werbetonne zu treten. Und der zornig zu legendären Reden anhob: „Was erlauben Strunz?“ Aber der Maestro ist seit diesem Sonntag auch schon achtzig. Buon compleanno! Und selbst der stets eigenwillige Felix Magath liefert nicht mehr alle Antworten auf die Fragen einer schwierigen Zeit. Als Fernando Meira einst beim Training der VfB-Profis fehlte, erklärte er die Abwesenheit in kargen Worten so: „Er trainiert mit den Amateuren.“ Frage des Reporters: „Wieso das denn?“ Antwort Magath: „Weil er gestern so gespielt hat.“

Frankfurt macht’s vor

Einen brauchbaren Hinweis wie es mit dem mitreißenden Kick dennoch funktionieren könnte, liefert derzeit einzig Eintracht Frankfurt. Mit einem Kollektiv aus Legionären, die erst noch beweisen müssen, dass sie jeden Cent wert sind, den sie mit der nächsten Gehaltserhöhung fordern. Und mit einem Trainer, der den Plan von Pressing, Gegenpressing, Umschaltspiel oder Ballbesitz nicht vor sich herträgt wie eine Monstranz, sondern behutsam anpasst an die Möglichkeiten und Gegebenheiten.

Der frühere VfB- und DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, so schätzen wir mal, hätte angesichts des fortschreitenden Verfalls die Verantwortlichen der Liga in ein Zimmer gesperrt, den Schlüssel abgezogen und gerufen: „Bevor ihr keine Idee habt, wie wir das wieder in Ordnung bringen, kommt hier keiner raus.“ Und Ende März wäre dann die Pressekonferenz.