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Wenn Fußballprofis Gassi gehen – und der innere Schweinhund ausnahmsweise mal keine Rolle spielt.

Stuttgart - Vielleicht sollten sich Fußballprofis ihren Hund zum Vorbild nehmen. Er ist nicht beleidigt, wenn er nur mal auf der Bank sitzt. Er futtert keine mit Blattgold belegten Steaks und freut sich über ein Stück Leberwurst. Er macht mit ein bisschen Übung immer das, was sein Coach sagt und lässt sich ohne zu Murren an der kurzen Leine führen. Na, ja: Meistens jedenfalls. Er kennt seine Laufwege und rennt, bis ihm die Zunge zum Hals raus hängt. Im Spiel beweist er Biss, Zweikampfstärke und Sprintqualitäten. Und er regelt selbstständig die Hierarchie auf dem Platz: Rudelbildung erlaubt. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel.

Jupp und Cando

Die Fernbeziehung zwischen Jupp Heynckes und Cando berührte zeitweilig sogar die Fußballnation. Sein treuer Freund verweigerte zwei Tage lang die Nahrung, weil Herrchen noch einmal den Trainerjob beim FC Bayern München angetreten hatte. Das machte Cando traurig. Er ist Gladbach-Fan. Auch ein Hund hat seine Prinzipien.

Die psychoneuronale Wirkung der Fellnasen auf Fußballprofis ist noch nicht bis in die Tiefe des Raumes erforscht, die entspannende Wirkung des dualen Systems aber bestätigt. Der ehemalige VfB-Trainer Armin Veh schwört auf die Nähe seines Flat Coated Retrievers: Jerry schlägt zuverlässig mit wüstem Gebell an, wenn ein Journalist an der Tür klingelt. Den Umgang mit den Mimosen einer Profimannschaft lernte der tierliebe Augsburger spielerisch und schon in jungen Jahren: „Ich habe mich täglich um meinen kleinen Dackel gekümmert.“ Weshalb er ausgerechnet einen Hund zum Haustier habe, fragte ihn ein Reporter. „Er ist praktisch als ein Aff’“, antwortete Veh, „den mach’ ich am liebsten selber.“

Schlabbern verboten

Mirko Slomka wollte eigentlich gar keinen Hund. Bis trotzdem einer da war. Einer Frau schlägt man als Trainer-Nomade im Wanderzirkus Bundesliga eben nur ungern etwas ab. So ein Hund ist eine verlässliche Größe. Manchmal hat er auch Durst. Weil der vierbeinige Slomka aus einem Regenrückhaltebecken schlabberte, noch dazu ohne Leine, schickte das Ordnungsamt Hannover einen Bußgeldbescheid über 88,50 Euro. Zuzüglich 25 Euro Verfahrenskosten. Slomka postete den Bescheid auf Facebook und verlangte das, was Schiedsrichter angeblich zu selten haben: Fingerspitzengefühl. Vergeblich.

Bryn dagegen hatte den richtigen Riecher. Torquay United, ein kleiner Fußballverein in Devon, kämpfte am letzten Spieltag verbissen gegen den Abstieg. Zur Halbzeit lagen die Gulls 0:2 hinten. Kurz vor dem Abpfiff gelang McNichol noch der Anschlusstreffer. Als er eilig den Ball aus dem Tornetz holen wollte, rannte Bryn aufs Feld und bis ihn ins Bein. Ein Missverständnis: Der Schäferhund dachte wohl, der Torschütze wolle sein Herrchen angreifen, mit dem er am Spielfeldrand stand. Der Verteidiger wurde fünf Minuten lang behandelt, exakt die Zeit, die der Schiri dann nachspielen ließ. Torquay schoss noch den Ausgleich und vermied den Abstieg.

Mitglied bei Rot-Weiß Essen

Ob Bryn gelang, was die Mischlingshündin Sokratia schaffte, ist nicht bekannt. Sie kam aus Griechenland, wo sie – vor einer Taverne streunend – das Herz eines Fans von Rot-Weiß Essen erweichte. Er schrieb an den Club mit der Bitte um Mitgliedschaft für seine Fellnase. RWE stimmte zu. Man habe ja noch andere Tiere im Verein. Das bekannteste: Willi „Ente“ Lippens. Sokratia ist jetzt Mitglied 001 und zahlt 30 Euro jährlich. Für einen Tribünenplatz reicht es nicht. Hunde sind in deutschen Stadien nicht erlaubt. Einen Stammplatz hat nur Yardley im Newslandsfield Park bei Spielen des FC Pollok aus der schottischen West Region Premiership. Auch auswärts.

Der Retriever ist der berühmteste Fan des Clubs und soll Ehrenmitglied werden. Aber nur, wenn er als Zuschauer beim Training nicht wieder die Bälle zerbeißt.