Nur einer von fünf Bäumen im deutschen Wald ist gesund. Foto: Silas Stein/dpa/Silas Stein

Mehr Klimaschutz für Wälder: Das wollte die Ampelkoalition mit der Reform des Bundeswaldgesetzes erreichen. Doch am ersten Entwurf gab es scharfe Kritik. Nun gibt es eine neue Fassung – und neue Enttäuschung.

Vor fast fünfzig Jahren trat ein Gesetz in Kraft, von dem die meisten Deutschen wohl noch nie gehört haben – das aber ziemlich einflussreich ist. Seit 1975 regelt das Bundeswaldgesetz, wie Wälder hierzulande erhalten und bewirtschaftet werden sollen. Denn immerhin ein Drittel der gesamten Fläche Deutschlands ist Wald. Auf Landesebene gibt es zwar eigene Waldgesetze. Den Rahmen dafür aber gibt der Bund vor.

Nun hat sich die Bundesregierung vorgenommen, das Gesetz zu überarbeiten. Denn zum einen ist der Wald aktuell in schlechtem Zustand: Nur einer von fünf Bäumen ist gesund, das zeigte zuletzt der Waldzustandsbericht. Zum anderen ist er nicht auf die Klimakrise vorbereitet. Das Bundeswaldgesetz stammt nun mal aus einer Zeit, in der man darüber noch wenig wusste.

Doch kein neues Gesetz

Die Reform gilt deshalb als dringend. Einfach ist sie aber nicht. Eigentlich wollte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) ein ganz neues Bundeswaldgesetz vorlegen. Nachdem vergangenes Jahr allerdings ein erster durchgestochener Entwurf stark kritisiert wurde, soll das alte Gesetze nun lediglich überarbeitet werden. In dieser Woche hat das Landwirtschaftsministerium den neuen Entwurf in die Ressortabstimmung gegeben, wie ein Sprecher sagte. Die neue Fassung liegt dieser Redaktion vor.

Mehrere Lager hatten den ersten Entwurf kritisiert. Besonders unzufrieden waren die Waldbesitzer. Vieles an den Plänen ging ihnen zu weit, vor allem aber zwei Punkte, die den sogenannten Kahlschlag betreffen. So nennt man es, wenn alle Bäume auf einer bestimmten Fläche planmäßig gefällt werden. Dazu ist im bisherigen Bundeswaldgesetz nicht viel festgelegt, es verweist dazu auf die Länder. Im ersten Entwurf waren nun viele Details geregelt – was sehr viel Bürokratie bedeutet hätte. Außerdem sollte bestimmte Verstöße als Straftat gelten.

Grundlegend überarbeitet

„Damit ist der Staat über sein Ziel hinausgeschossen“, sagt der Forstjurist Ewald Endres und meint sowohl die Überregulierung als auch die Straftatbestände. Er ist Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und beschäftigt sich schon lange mit der Novelle des Bundeswaldgesetzes. Auch aus Kreisen des Ministeriums heißt es, dass man die Kritik am ersten Entwurf gehört habe. Er sei grundlegend überarbeitet worden. Im neuen Entwurf sind keine Straftatbestände mehr vorgesehen. Außerdem sind die Vorgaben zum Kahlschlag stark entschlackt.

Weiterhin geplant ist allerdings, dass man für den Kahlschlag eine behördliche Genehmigung braucht, wenn er eine Fläche von mehr als einem Hektar betrifft. „So ähnlich steht das aber ohnehin in vielen Landesgesetzen“, sagt Forstjurist Endres. Dort müsse man sich den Kahlschlag meist ab einer Fläche von zwei Hektar genehmigen lassen. Er hält die neuen Vorgaben zum Kahlschlag nun aber für sinnvoll.

Naturschutzverbände alarmiert

Die Waldverbände äußerten sich auch überwiegend wohlwollend über den neuen Entwurf. Naturschutzverbände hingegen sind alarmiert. Ihnen war schon der vorherige Vorschlag nicht weit genug gegangen, der neue tut es erst recht nicht. „Dieser Entwurf bleibt meilenweit hinter dem zurück, was zum Schutz der deutschen Wälder nötig ist“, schrieb zum Beispiel die Naturschutzorganisation „Greenpeace“ in einer Stellungnahme.

Auch Forstexperte Endres ist insgesamt eher enttäuscht. Dass die Überregulierung und die Straftatbestände entfallen, findet er sinnvoll. Doch das Gesetz verfehle wichtige Ziele. „Von der ersten Ambition ist nicht mehr viel übrig geblieben“, sagt Endres. „Das ist ein Novellchen, aber bestimmt nicht der große Wurf.“ Er hätte sich gewünscht, dass das Gesetz auch festlegt, wie Vorsorge für den Wald getroffen werden kann, um auf die Klimakrise zu reagieren. Zum Beispiel, indem man Instrumente zur Adaptionsplanung sowie zu naturschutzkonformen Anpassungsstrategien verankert. „Auf die großen Fragen der Zeit hat der Entwurf keine hinreichenden Antworten.“