Auf der großen Bühne verspricht der Facebook-Chef Mark Zuckerberg gerne guten Datenschutz. Foto: AP

Wirtschaftlich ist die Entscheidung des Bundeskartellamts zunächst einmal eher unbedeutend: Doch angesichts der Strategie, die Facebook verfolgt, kommt sie zur Unzeit.

Stuttgart - Rund 32 Millionen Deutsche nutzen Facebook zumindest einmal im Monat. 23 Millionen tun das täglich. So besagt es eine der inzwischen selten publizierten, offiziellen Länderstatistiken des Unternehmens vom November 2018. Wenn man die Zahlen der monatlichen Nutzer zum Maßstab nimmt und von 2,3 Milliarden Facebook-Usern weltweit ausgeht, hat Deutschland einen Anteil von 1,4 Prozent. Die Entscheidung des Bundeskartellamts betrifft zudem nur einen, allerdings aus Nutzersicht besonders unangenehmen Aspekt: das Abgreifen von Daten auf fremden Webseiten und ohne dass man selber auf Facebook aktiv sein muss.

Rein ökonomisch gesprochen ist es also nicht mehr als ein winziger Nadelstich, bei einem Unternehmen das gerade erst allein für das vierte Quartal 2018 einen Rekordgewinn von 6,88 Milliarden Dollar (sechs Milliarden Euro) präsentiert hat. Dies ist ein Plus von 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2017. Das ist übrigens prozentual exakt derselbe, satte Gewinnzuwachs, den man schon im letzten Quartal 2017 im Vergleich zu 2016 erreicht hatte.

Der Rechtsstreit wird wohl auf europäischer Ebene landen

Erst einmal hat das Unternehmen eine mehrmonatige Frist, um zu reagieren. In jedem Fall wird ein langer Rechtsstreit folgen, der am Ende auf europäischer Ebene landen dürfte. Problematischer als die nackten Zahlen ist für die Plattform, die auch in den USA wegen ihrer problematischen politischen Rolle unter Druck steht, die prinzipielle Bedeutung der Entscheidung. Nicht mehr nur der Datenschutz, sondern auch der unfaire Wettbewerb sind ein Argument. Die Entscheidung kommt zudem zu einem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen gerade erst angekündigt hat, das Datensammeln auf seinen Plattformen Facebook, Whatsapp oder Instagram zu integrieren. Die „innere Entflechtung“, die das Kartelleamt fordert, ist also exakt das Gegenteil der aktuellen Unternehmensstrategie.

Angesichts der Dominanz von Facebook im Bereich der sozialen Medien ist das Wettbewerbsrecht ein für das Unternehmen gefährlicher Hebel. Deutschland allein ist zu schwach und als Markt zu unbedeutend, um hier effektives Drohpotenzial zu haben. Doch die EU als Ganzes ist für alle amerikanischen IT-Giganten eine andere Liga. Der europäische Markt ist so groß, dass schärfere Regularien schmerzen. Und die EU hat in vergangenen Auseinandersetzungen gezeigt, dass sie die US-Technologiekonzerne durchaus in die Schranken weisen will. Die Problematik des plattformübergreifenden Datensammelns betrifft zudem nicht nur Facebook, sondern vor allem auch die Suchmaschine Google mit ihren Zusatzangeboten.

Die Pflicht zu Einverständniserklärungen allein bringt wenig

Wenn IT-Unternehmen dazu verpflichtet werden, bei Nutzern Einverständniserklärungen einzuholen, ist das aufgrund der bisherigen Erfahrungen im Internet kein unüberwindbares Hindernis. Solche Dokumente sind genauso schnell an- und weggeklickt, wie sie auf dem Bildschirm auftauchen. Die erst im vergangenen Jahr eingeführte Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat das Geschäft der Datengiganten bisher nicht beeinträchtigt.

Was Facebook aber fürchtet, ist das Risiko, dass dies erst der Einstieg in eine rechtliche und politische Debatte ist, an deren Ende aus Wettbewerbssicht härtere und wirksamere Schritte folgen könnten – bis hin zu einer potenziellen Zerschlagung. Nach der jüngsten Ankündigung, die unterschiedlichen Angebote von Facebook noch stärker zu integrieren, war in den USA bereits der Verdacht geäußert worden, dass dies auch ein strategischer Schachzug sein könnte, um allein schon aus technischen Gründen eine Entflechtung des Konzerns zu erschweren.