Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht das zurzeit billigere Erdöl als eine Art Konjunkturprogramm. Foto: dpa

Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht das zurzeit billigere Erdöl als eine Art Konjunkturprogramm. "Die Verbraucher und Unternehmen müssen dafür weniger ausgeben und können mehr konsumieren und investieren."

Frankfurt/Main - Der sinkende Ölpreis wird zum Konjunkturgeschenk für die deutsche Wirtschaft. Der Chef des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, sagte der „Welt am Sonntag“: „Die deutsche Wirtschaft wächst nun allein wegen des deutlich gesunkenen Ölpreises um bis zu 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte stärker.“

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hob in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ hervor: „Die Verbraucher und Unternehmen müssen dafür weniger ausgeben und können mehr konsumieren und investieren“. Doch die Ökonomen warnen auch vor Jubelstimmung.

Weidmann betonte zugleich, Notenbanker müssten immer auch die Kehrseite der Medaille im Blick behalten. „Wir müssen aufpassen, dass die Menschen im Euroraum nicht auch künftig solch eine niedrige Inflation oder gar fallende Preise erwarten.“ Warum das zum Problem werden kann, hatte vergangene Woche schon der Vize-Chef der Europäischen Zentralbank, Vítor Constâncio, in der „Wirtschaftswoche“ erklärt: Sollte Rohöl länger so billig bleiben, drohe „ein gefährlicher Teufelskreis aus sinkenden Preisen, steigenden realen Lohnkosten, sinkenden Gewinnen, schrumpfender Nachfrage und weiter sinkenden Preisen“.

Die Ölpreise sind binnen sechs Monaten rasant gesunken. Der Preis für Rohöl reduzierte sich um rund 45 Prozent auf 60 Dollar für ein Barrel (159 Liter). Die Preise für Benzin und Heizöl folgten. Die Kraftstoffe wurden seit der Jahresmitte um 28 Cent je Liter billiger und kosteten zu Weihnachten im bundesweiten Durchschnitt weniger als 1,30 Euro (Super E10) und 1,20 Euro (Diesel) je Liter.

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Dennis Snower, wies im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur unter anderem auch auf die negativen Folgen des Ölpreisverfalls hin. Natürlich gebe es Verlierer bei dieser Entwicklung, „und der größte Verlierer unter den Öl exportierenden Ländern ist Russland“.

Wie dramatisch die Folgen für Russland sein werden, hängt aus Sicht Snowers wesentlich davon ab, wie die Finanzmärkte reagieren und wie viel Kapital aus dem Land abfließt. Bei einem entsprechenden Ausmaß der Krise könnte es dazu kommen, dass Russland seine Schulden nicht mehr bedienen könne. „Die Frage wird dann sein, wie es damit politisch umgeht“, sagte Snower. Heftige Reaktionen könnten große ökonomische Auswirkungen haben. Dieselbe Überlegung gelte für den Iran.

Russland sei nicht in der Lage, wichtige Produkte zu erzeugen, die es infolge der Sanktionen nicht mehr aus dem Ausland bekommt. „Das Land hat sich in der Zeit unter Putin nicht erfolgreich umgestellt, weg von der Rohstoffabhängigkeit“, sagte Snower. Dem Westen schadeten die Sanktionen hauptsächlich wegen der damit verbundenen Unsicherheiten.

Die deutsche Wirtschaft geht insgesamt mit leicht positiver Stimmung ins neue Jahr, wie die Verbandsumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ergab. Bei weitgehend stabiler Beschäftigung erwarten die Verbände im Schnitt einen leichten Zuwachs von Produktion und Umsatz. Nur vier der 48 befragten Verbände rechneten dagegen mit einem Rückgang. Deutschlands Maschinenbau, wichtig für die deutsche Exportwirtschaft, leidet zwar unter der Investitionsschwäche in Deutschland und der Russland-Ukraine-Krise. Dennoch erwartet der Verband ein Produktionsplus - angetrieben durch Impulse aus dem Ausland wie China und den USA.