Der Computer steuert beim autonomen Fahren den Wagen. Die Bundesregierung muss dafür das Straßenverkehrsgesetz ändern. Foto: dpa

Autofahrer sollen sich in Zukunft auf die automatische Steuerung verlassen können. Dafür will Verkehrsminister Alexander Dobrindt die rechtlichen Grundlagen schaffen.

Berlin - Die Bundesregierung will die Hindernisse für das autonome Fahren in Deutschland schnell beseitigen. Wie das Verkehrsministerium erklärte, sei eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes vorgesehen. Damit sollen die rechtlichen Grundlagen für das autonome Fahren in Deutschland geschaffen werden. So müssen beispielsweise Haftungsfragen geklärt werden, die zwischen den Ministerien aber noch umstritten sind. Das Verkehrsministerium dementierte einen Medienbericht, wonach bis Ende Juli ein Gesetzentwurf vorgelegt werden soll. Das Bundesjustizministerium erklärte auf Anfrage, die Ressortabstimmung in der Bundesregierung habe noch nicht begonnen.

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) macht allerdings Tempo und beruft sich dabei auf Absprachen während der Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg. Die Regierung bekennt sich zum automatisierten Fahren und sieht darin eine Revolution der Mobilität. Das vollautomatisierte Roboterauto gilt zwar in der Autoindustrie nach wie vor als Zukunftsmusik. Doch die Hersteller setzen große Hoffnungen darin, dass in absehbarer Zeit teilautomatisierte Systeme die Fahrzeuglenker entlasten. In einem Feldversuch auf der A 9 testen Autobauer und Zulieferer die neue Technik.

Minister will Systeme dem Menschen gleichstellen

Der Verkehrsminister will künftig keinen rechtlichen Unterschied zwischen Autopiloten und Fahrern mehr machen. Dobrindt hatte schon mehrfach angekündigt, dass automatisierte Systeme mit voller Kontrolle über ein Fahrzeug dem Fahrer gleichgestellt werden sollen. Dazu liegt nun ein erster Entwurf für ein Gesetz vor, wie das „Handelsblatt“ berichtete. Die internen Beratungen dauerten aber noch an, erklärte das Verkehrsressort.

Der Entwurf sieht vor, dass sich ein Autofahrer während der Fahrt vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden darf, wenn die automatisierten Fahrfunktionen aktiv sind. Der Fahrer soll aber weiter am Steuer sitzen und bremsbereit sein. Sobald das automatisierte System ihn dazu auffordert, muss er die Fahrzeugsteuerung übernehmen. Im Entwurf steht, der Fahrer müsse „wahrnehmungsbereit“ sein. So soll es dem Autofahrer erlaubt sein, beispielsweise seine E-Mails abzurufen, zu lesen oder zu telefonieren. Verboten ist, ein Nickerchen am Steuer zu halten. Die automatisierten Systeme müssen den Fahrer anweisen, wenn er selbst die Kontrolle übernehmen soll. Der Einsatz des autonomen Fahrens soll keine Sorgfaltsverpflichtung darstellen. Dies ist wegen der Haftung wichtig.

Zu den schwierigen Rechtsfragen gehört, wer bei einem Unfall haftet. Dobrindt will festschreiben, dass Fahrer und Insassen keinen zusätzlichen Haftungsrisiken befürchten müssen. Wenn der Fahrer wie vorgeschrieben den Autopiloten nutzt, soll dies rechtlich so bewertet werden, wie wenn das Fahrzeug persönlich gesteuert wird. Unklar ist bisher, was passiert, wenn der Computer nicht ordnungsgemäß funktioniert und deshalb ein Unfall passiert. Seitdem ein Testfahrer im automatisierten Betrieb mit einem Wagen des US-Hersteller Tesla der Fahrer ums Leben gekommen ist, wird die Debatte um die Sicherheit neu geführt. Ob nach einem Unfall der Fahrer, der Fahrzeughalter oder der Hersteller haftet, soll die Aufzeichnung des Computers zeigen. Es ist geplant, dass ein Speicher die Daten von der Fahrt aufzeichnet. Die Polizei soll beispielsweise nach einem Unfall die Möglichkeit haben, die Informationen auszuwerten.

Industrie pocht auf internationale Standards

Die deutschen Automobilhersteller begrüßten die Pläne des Verkehrsministers. „Wenn die Bundesregierung rasch handelt, kann Deutschland auch gesetzgeberisch Vorreiter und das erste Land sein, das den rechtlichen Rahmen für den Betrieb automatisierter Fahrzeuge auf der Straße schafft“, erklärte Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Wissmann sagte, nationale Regelungen reichten aber nicht aus. Damit Fahrzeuge mit der neuen Technik zugelassen werden könnten, müssten auch die internationalen Bestimmungen für die Zulassung angepasst werden. An diesen Vorschriften arbeitet zurzeit die Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen.