Buffy Summers, die Dämonenjägerin Foto: Verleih

Joss Whedon hat sich zwischen 1997 und 2003 in der Serie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ ständig kuriosen Dinge ausgedacht.

Serien gibt es fast so lange wie das Fernsehen selbst. Manche begleiten den Zuschauer sein halbes Leben, andere überdauern sogar Generationen. Wir stellen Produktionen vor, die in Erinnerung bleiben.

Stuttgart - Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens in einem Musical auf. Die Straßenkehrer führen mit ihren Besen Stepptänze auf. Ein Anzugträger schmettert im Heldentenor eine Hymne auf das Reinigungsunternehmen, das den Senffleck aus seinem Sakko entfernt hat. Die Falschparkerin fleht in einer herzzerreißenden Arie den Polizisten um Nachsicht an. Die Vampire aus der Nachbarschaft tanzen so leidenschaftlich, dass sie Feuer fangen. Und auch Sie selbst bleiben nicht verschont: Wann immer Sie etwas Kluges sagen wollen, fangen Sie stattdessen an zu singen und zu tanzen – herzlich willkommen an einem ganz normalen Tag in Sunnydale, Kalifornien, auch bekannt als der Höllenschlund, die Heimat von Buffy Summers, der Dämonenjägerin.

Joss Whedon hat sich zwischen 1997 und 2003 in der Serie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ ständig solche kuriosen Dinge ausgedacht. Nicht nur in der Musical-Episode „Once More With Feeling“, für die er sogar selbst die Musik schrieb. Auch sonst war man bei ihm nie vor irrwitzigen Einfällen sicher, mit denen er unverfroren das Fantasy- und Horror-Genre mit Komödien- und Dramenelementen durcheinanderbrachte. Mal ließ er alle seine Helden durch einen üblen Zauber verstummen und eine ganze Episode lang ohne Worte gegen das Böse kämpfen („Hush“). Mal tat er so, als sei eine tölpelhafte Nebenfigur der Serie der eigentliche Held von Sunnydale („Superstar“). Mal ließ er Buffy auf Graf Dracula treffen, der sich als ziemlich arroganter Snob erwies („Buffy vs. Dracula“).

Bevor Joss Whedon zum gefragten Hollywoodregisseur wurde – er hat 2012 mit „Marvel’s The Avengers“ einen der erfolgreichsten (und witzigsten) Superhelden-Filme überhaupt gemacht –, erfand er in „Buffy – Im Bann der Dämonen“ trunksüchtige Trolle, bösartige Bürgermeister, eine Stadt, in der jeden Tag Halloween ist. Und nebenbei konnte man Buffy Summers (Sarah Michelle Gellar) beim Erwachsenwerden zuschauen: Die Serie beginnt mit ihrem ersten Tag an der Sunnydale Highschool. Sie wirkt wie ein ganz normaler Teenager, freundet sich mit den Außenseitern Xander (Nicholas Brendon) und Willow (Alysan Hannigan) an, verliebt sich in einen mysteriösen Typen, der sich Angel nennt (David Boreanaz), wird vom Schulbibliothekar Giles (Anthony Stewart Head) genervt, der allerdings ihr Geheimnis kennt: Buffy verfügt über übermenschliche Kräfte und ist auserwählt, die Menschheit vor Vampiren und anderen Dämonen zu beschützen.

Das hübsche blonde Mädchen, das in Horrorfilmen eigentlich das Lieblingopfer von Monstern jeglicher Art ist, wird in „Buffy – Im Bann der Dämonen“ zur Heldin, die die Kreaturen der Nacht in Angst und Schrecken versetzt. Auch sonst erwies sich die Serie als unkonventionell. Weil es Whedon verstand, in seinen Dialogen so viel Wortwitz, so viel Anspielungen auf Popkultur unterzubringen, dass einem allein schon beim Zuhören schwindelig wurde. Weil er hemmungslos mit Fantasy-Versatzstücken experimentierte. Weil er – lange vor und viel besser als in „Twilight“ – die betörende Geschichte einer letztlich unmöglichen Liebe zwischen einem Menschen und einem Vampir erzählte. Weil er, wie es die Schriftstellerin und „Buffy“-Expertin Claudia Kern sagt, „in der Tragik den Humor und im Humor das Tragische sieht und es schafft, Sachen zu verbinden, die überhaupt nicht zusammenpassen“.

So ist „Buffy“ letztlich auch ein kluger, lakonischer Entwicklungsroman, bei dem all die Abenteuer, die Buffy Summers und ihre Freunde erleben, all die monströsen Erscheinungen letztlich typische Situationen symbolisieren, mit denen jeder beim Erwachsenwerden konfrontiert wird.

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