Abschrankungen sieht man an der Straße Im Elsental häufiger Foto: Kai Müller

Die marode Straße Im Elsental bleibt im Stadtteil Dachswald ein Aufreger: Der Bürgerverein hat sich in dieser Angelegenheit an die Ratsfraktionen gewandt. Das Ergebnis ist ernüchternd.

Dachswald – Schon seit vielen Jahren setzt sich der Bürgerverein Dachswald dafür ein, dass die Straße Im Elsental saniert wird. Doch für eine große Lösung fehlt das Geld und so muss immer wieder geflickt werde. Nicht nur die Vorsitzende Sigrid Beckmann (45 Jahre) und ihr Stellvertreter Andreas Haller (53) sind damit nicht zufrieden.
Frau Beckmann, Herr Haller, trauen Sie sich noch, mit dem Fahrrad nach Kaltental zu fahren?
Sigrid Beckmann: Man kann mit dem Fahrrad nach Kaltental fahren, sollte aber sehr aufmerksam auf die Beschaffenheit des Bodens achten, da sich nach wie vor etliche kleinere Schlaglöcher im Asphalt befinden, die die Stadt nicht in den Griff bekommt. Zahlreiche Fahrradfahrer benutzen tagtäglich das Elsental, um zur Universität und wieder nach Hause zu kommen. Es wäre zu wünschen, dass diese Menschen einen sicheren Weg vorfinden, auf dem sie nicht durch die Flickschusterei der Stadt aufgehalten werden. Oder gar wie es im Herbst 2011 geschehen ist, sich schwer verletzen. Ein Radschutzstreifen vor allem bergauf, wäre für mich eine Teillösung. Damit wenigstens ein geringer Schutz vor den Autofahrern gegeben ist. Erlaubt ist Tempo 50, gefahren wird aber deutlich schneller. Sinnvoll wäre ohnehin 30 Kilometer pro Stunde für das gesamte Wohngebiet.
Andreas Haller: Ich bin neulich zur Sicherheit einfach auf der Mitte der Fahrbahn gefahren, das hat den hinter mir fahrenden Autofahrern gar nicht gefallen.

Es besteht wohl kein Zweifel daran, dass die Straße Im Elsental grundlegend saniert gehört. Es fehlt allerdings am Geld. Fühlt man sich da nicht wie im falschen Film?
Beckmann: Das weiß ich nicht. Ich fühle mich aber immer wieder vertröstet.
Haller: Ignoriert wäre wohl das bessere Wort. Die Frage ist natürlich, welcher Art die Sanierung sein wird. Es darf keine Instandsetzung geben, die dem Durchgangsverkehr noch mehr Tür und Tor öffnet. Schon jetzt ist der Anteil mehr als 50 Prozent, wie die Stadt selbst bestätigt. Es darf keine Sanierung à la Autobahn geben. Die Reparatur ist doch nur notwendig, weil die Straße zu stark beansprucht wird, zum Bespiel durch die ortsfremde Durchleitung der Buslinie 92 während der Stauzeiten auf der B 14. Auf der Strecke sind sogar Sattelschlepper unterwegs, die dann am Hotel Dachswald wieder umkehren müssen. Wichtig wäre unter anderem dafür zu sorgen, dass die Straße nicht mehr in den Navigationsgeräten für den Durchfahrtsverkehr auftaucht.
Beckmann: Die Sanierung muss vor allem die Interessen der Schwächsten im Auge haben, sprich der Fußgänger, der Radfahrer und der Kinder, die zur Jugendfarm Elsental wollen. Die müssen dort auch sicher ankommen. Es kann wohl nicht angehen, dass die Kinder in den Grundschulen aufgefordert werden, zu Fuß zu kommen und in der Freizeit auf das elterliche Fahrzeug als Sicherheitspanzer angewiesen sind.

Der Bürgerverein hat sich ja noch einmal an die Ratsfraktionen gewandt und ein „seriöses Konzept für die nachhaltige Lösung dieses Konflikts unter Einbindung aller Beteiligten“ gefordert. Wie waren die Reaktionen?
Beckmann: Für uns war die Reaktion auf den Brief ernüchternd. Nur die SPD-Fraktion hat sich etwas eingehender mit der Materie auseinander gesetzt. Die Grünen, in deren Interesse es doch eigentlich sein sollte, den Verkehr in Stuttgart deutlich zu reduzieren und Alternativen anzubieten, haben eine sehr allgemein gehaltende Antwort mit wenig Engagement an der Sache geschickt. Zu unserem großen Bedauern haben weder die CDU noch die Freien Wähler und die FDP geantwortet. Das ist ein Armutszeugnis. Mir fehlen da die Worte. Dass passt für mich nicht mit der kinderfreundlichen Stadt zusammen, die unser CDU-Oberbürgermeister gern propagiert.
Haller: Die Gemeinderäte sind doch für die Bürger da. Als Bürgerverein sind wir Ansprechpartner für die Bewohner im Dachswald. Wenn sie sich mit uns zusammensetzen, erfahren sie sehr viel über das Wohngebiet – und das mit geringem Zeitaufwand.

Was hätte sich der Bürgerverein denn erhofft?
Beckmann: Dass Antworten kommen und wir zumindest das Gefühl haben, dass wir wahr- und ernst genommen werden. Und dass vielleicht ein Vorschlag dabei ist, der die unerträgliche Situation wieder sicherer macht. Das würde sich auch auf das ganze Wohngebiet positiv auswirken.
Haller: Ich hätte mir schon einen Lösungsvorschlag erhofft. Zumindest, dass auf die Verwaltung eingewirkt wird, eine Lösung zu erarbeiten. Dort sitzen doch die kompetenten Fachleute. Und wenn man die Sicherheit nicht gewährleisten kann, dann muss man die Straße eben zurückbauen.
Beckmann: Das Thema ist ja nicht neu. Der Bürgerverein befasst sich seit 35 Jahren damit. Dass in der ganzen Zeit, außer zahlreichen Ausbesserungsarbeiten nichts passiert ist, ist für mich unfassbar.

Resigniert man da nicht irgendwann?
Haller: Uns verlässt der Mut nicht so schnell. Die Stadtverwaltung ist schließlich für die Bürger da und nicht andersrum.
Beckmann: Wir sind es den Bürgern schuldig, dass wir am Ball bleiben. Die Bewohner fragen auch immer wieder nach. Nach wie vor ist es unsere Motivation den Schleichverkehr zu verringern. Wir werden weiter darauf drängen, dass das vollmundige Versprechen der Stadt nach dem Ausbau der B 14 auch eingelöst wird. Damals hieß es, dass damit auch der Schleichverkehr durch den Dachswald Geschichte sei.

Ist die Sperrung der Straße für den Autoverkehr eine Option?
Haller: Die Reduzierung des Durchgangsverkehrs muss das Ziel sein. Die städtischen Planer kennen die Werkzeuge dafür bestens. Aber man hat es in 35 Jahren nicht geschafft, sich dieser zweckmäßig zu bedienen. Und das wirft kein gutes Licht auf die Stadt. Für mich ist klar: Ich bin kein Fachmann. Ich überlasse es den Planern, geeignete Lösungen zu finden. Die Anlieger-frei-Regelung, die im Jahr 2006 umgesetzt werden sollte, hat man gleich beim ersten Gegenwind aufgegeben.
Beckmann: Es kommt natürlich darauf an, wie das Ganze umgesetzt wird. Da gibt es sicherlich etliche Möglichkeiten.

Glauben Sie denn noch an eine Lösung des Problems?
Haller: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

In Stuttgart wird bald ein neuer OB oder eine neue OB gewählt. Bringt Wolfgang Schusters Nachfolgerin oder Nachfolger neuen Schwung in die Angelegenheit?
Beckmann: Ich habe da schon eine gewisse Hoffnung, dass mit einem OB-Wechsel etwas ins Rollen kommen könnte. Und es die Chance gibt, endlich für das Elsental und das gesamte Wohngebiet eine bürgernahe Lösung zu finden. Ein kleiner Lichtblick ist für mich der Verkehrsstrukturplan, den kürzlich der Möhringer Bezirksvorsteher Jürgen Lohmann im Vaihinger Bezirksbeirat vorgestellt hat. Das wäre auch eine tolle Idee für Vaihingen und würde uns vielleicht einen Schritt weiterbringen.