Im vergangenen Jahr musste das Bürgerbüro im Degerlocher Bezirksrathaus für Wochen schließen, weil die Mitarbeiter anderswo in der Stadt aushelfen mussten. Foto: Julia Bosch

Die Liberalen im Gemeinderat fordern, dass sich die Wartezeiten in den Bürgerbüros in Stuttgart deutlich verkürzen. Wir haben mit den Bezirksvorstehern in Degerloch, Birkach, Plieningen und Sillenbuch über dieses Problem gesprochen.

Degerloch - Die Degerlocher Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold drückt sich diplomatisch aus. Es sei immer bedauerlich für die Bürger, wenn sie ihre Angelegenheiten nicht vor Ort erledigen könnten, sagt sie. Mehr könne sie zur Lage der Bürgerbüros nicht sagen, da diese nicht in ihre Zuständigkeit fallen. Die FDP im Gemeinderat hat ihren Unmut über lange Wartezeiten in Stuttgarter Bürgerbüros jüngst klar benannt. Sie hat dazu einen Antrag gestellt. In ihm verlangt sie von der Verwaltung rasche Abhilfe gegen den Personalmangel in Stuttgarter Bürgerbüros.

Im Januar 2016hatte sich auch Kunath-Scheffold zum Bürgerbüro ein Stockwerk unter ihrem eigenen Büro im Bezirksrathaus deutlich geäußert. Damals mussten elf Mitarbeiter der Bürgerbüros in Degerloch, Hedelfingen, Münster, Stammheim und Obertürkheim wochenlang im Bürgerbüro an der Eberhartstraße in der Stadtmitte aushelfen. Dort waren damals viele Mitarbeiter an der Grippe erkrankt.

FDP äußert Kritik

Kunath-Scheffold kritisierte die Entscheidung Anfang 2016 und fragte sich, warum die Personalrochade gerade Degerloch getroffen hatte. Denn der Bürgerservice im Rathaus an der Großen Falterstraße werde häufig in Anspruch genommen, meinte sie Anfang vergangenen Jahres.

Dass die Stadt Mitarbeiter abziehe, um anderswo Löcher in der Personaldecke zu stopfen, stört aktuell die FDP im Gemeinderat. Die Liberalen verlangen von der Stadt Aufklärung dazu, wie die Büros besser ihre Aufgaben erfüllen könnten. Die FDP bezieht sich in ihrem Antrag auf eine Sitzung des Verwaltungssauschusses im vergangenen Herbst. Dabei habe Ordnungsbürgermeister Martin Schairer einen Bericht zum Krankenstand in den Bürgerbüros angekündigt, heißt es in dem Antrag der FDP. Dieser habe 2015 insgesamt 28 Fehltage pro Mitarbeiter betragen, schreibt die FDP.

Die Stadt bestätigt, dass an einer Lösung für die Bürgerbüros gearbeitet werde. Ziel sei es, die Lage der Mitarbeiter zu verbessern, teilt ein Sprecher mit. Er macht aber keine Angaben dazu, wie oder in welchem Zeitraum dies erreicht werden soll. Die Versicherung, es werde etwas getan, reicht der FDP nicht. „Wir haben nach fast einem Jahr noch nicht mal etwas von dem versprochenen Bericht zu sehen bekommen“, sagt FDP-Stadträtin Sibel Yüksel.

Liberale wollen attraktivere Verwaltung

Ihre Partei wolle vor den anstehenden Haushaltsberatungen im Herbst klar machen, dass die Stadt in den Bürgerservice investieren müsse. „Es geht nicht, dass die Stadt da kaputtgespart wird“, sagt Yüksel.

Die Bürgerbüros seien kein Luxus, betont sie. Vielmehr handele es sich bei den städtischen Dienstleistungen um Pflichten der Stadtverwaltung gegenüber ihren Bürgern. „Ich höre immer, es liege daran, dass die Verwaltung keine neuen Mitarbeiter findet, weil der Markt angeblich leer gefegt sei. Dann muss die Stadt eben etwas mehr für ihre Attraktivität als Arbeitgeber tun“, sagt die FDP-Politikerin Yüksel.

Die Bezirksvorsteher erleben derweil nicht nur in Degerloch, sondern auch in Sillenbuch sowie in Plieningen und Birkach die angespannte Lage der Bürgerbüros in den Rathäusern Tür an Tür mit. Der stellvertretende Bezirksvorsteher Hans Peter Klein bemerkt besonders seit Beginn der Sommerferien einen großen Andrang im Sillenbucher Bürgerbüro. „Da wollen wohl viele etwas erledigen, weil sie jetzt Zeit dafür haben“, meint Klein.

Andrea Lindel, Bezirksvorsteherin von Birkach und Plieningen, bekommt ebenfalls mit, dass Bürger manchmal warten müssen, wenn sie etwas im Bürgerbüro zu erledigen haben. Dies sei besonders der Fall, wenn die dortigen Mitarbeiter in anderen Bürgerbüros aushelfen müssten.

Bezirksvorsteherin lobt Mitarbeiter

Der eine oder andere frage dann auch bei der Bezirksverwaltung nach und reagiere ungehalten, wenn er wieder an das Bürgerbüro verwiesen werde. „Die Menschen sind heute schon gestresst, wenn sie drei Minuten warten müssen“, meint Lindel. Für Ärger über die Mitarbeiter der Bürgerbüros hat sie kein Verständnis. „Im Bürgerbüro sind wirklich alle sehr engagiert. Sie tun, was sie können“, meint die Bezirksvorsteherin.