Die Segelflieger in Vaihingen wollen die Lizenz für ihren Flugplatz ausweiten. Die Anwohner fürchten dadurch zusätzlichen Lärm über ihren Köpfen. Inzwischen tobt seit Monaten ein Streit um das Gelände im Osten der Stadt.
Vaihingen/Enz - Momentan ist es still über den Köpfen von Jutta Schlag-Fischer und Jürgen Marx. Der Vaihinger Segelflugplatz, in dessen Nähe die beiden Sprecher der Bürgerinitiative „Kontra Fluglärm – Kein Motorflug über Vaihingen/Enz“ wohnen, befindet sich gewissermaßen im Winterschlaf. Und wenn es nach dem Willen von Schlag-Fischer und Marx geht, soll diese Ruhe auch über die kalten Monate hinweg andauern. Denn die beiden Anwohner haben ein Ziel: den Fluglärm in Vaihingen zu bekämpfen. Auch wenn es diesen bisher noch gar nicht gibt.
Betrieben wird das Fluggelände vom Flugsportverein Vaihingen, der seine Ursprünge schon in den 1930er-Jahren hat, 1951 wiedergegründet wurde und heute rund 40 aktive Mitglieder zählt. Während der Flug-Saison ziehen die Hobbypiloten ihre Segelflieger an einer Winde in die Luft, das geschieht beinahe geräuschlos. Doch besitzt der Verein auch einen sogenannten Motorsegler aus den 70er-Jahren. Und genau da liegt das Problem.
160 Mitglieder hat die Bürgerinitiative inzwischen
Denn für ihren Motorsegler brauchten die Flieger bislang regelmäßig eine Ausnahmegenehmigung des Stuttgarter Regierungspräsidiums (RP). Wie in jedem Jahr stellte der Flugsportverein daher im vergangenen Frühjahr einen Antrag beim RP, diesmal jedoch auf unbefristete Gültigkeit. Darin verlangten die Mitglieder aber nicht nur die Lizenz für ihren Motorsegler, sondern wollten generell den Motorflug auf ihrem Gelände genehmigen lassen, unter anderem für Propeller-Maschinen mit einem Gewicht von bis zu zwei Tonnen. Als der Antrag im September in einer Sitzung des Stadtteilausschusses bekannt wurde, war die Aufregung groß. Die Sitzung des Ausschusses stand kurz vor dem Abbruch, schließlich wurde das Ansinnen der Hobby-Flieger von dem Gremium mehrheitlich abgelehnt, Schlag-Fischer und Marx gründeten ihre Bürgerinitiative. Bis heute ist die Aufregung nicht verflogen.
„Sollte der Motorflug kommen, hätten wir kein ruhiges Wochenende mehr“, sagt Jutta Schlag-Fischer. Sie befürchtet, dass die Wohnqualität nahe des Fluggeländes deutlich zurückgehen würde. Schon heute liege ihr Haus in der Flugschneise. „Wir können nicht nachvollziehen, warum so etwas genehmigt werden soll.“ Jürgen Marx sagt, ihn ärgere vor allem, dass der Verein eine Ausweitung seiner Lizenz beantragt habe, ohne zuvor die Öffentlichkeit zu informieren. Inzwischen hätten sich der Bürgerinitiative rund 160 Leute angeschlossen – „und täglich werden es mehr“.
Der Flugsportverein will keine Ausweitung der Start-Zahlen
Dabei ist mittlerweile völlig unklar, ob der befürchtete Lärm in Vaihingen tatsächlich jemals Einzug hält. Der Vorsitzende des Flugsportvereins, Artur Mayer, sagt, der ursprüngliche Antrag im Frühjahr sei nicht sauber gestellt worden. „Da sind wir über das Ziel hinausgeschossen.“ Inzwischen habe man aber das ursprüngliche Papier längst verworfen. Stattdessen wolle man in den kommenden Monaten einen neuen Anlauf starten – in Absprache mit der Stadt und der Bürgerinitiative.
Zur Aufregung trägt aber auch ein Lärmgutachten bei, dass der Verein erstellen ließ. Darin haben Experten ermittelt, dass mehrere Hundert Starts mit Motorfliegern an Wochentagen erlaubt wären, ohne dass Lärm-Grenzwerte überschritten würden. Allein: diese Zahl scheint rein theoretischen Wert zu haben. Denn der Verein ist bei seinem neuen Antrag zu Kompromissen bereit. Mehr als die bisher bereits erlaubten 20 Starts am Tag werde man nicht verlangen, sagt der Vorsitzende Mayer. Auch die Lizenz für Propellermaschinen sei nicht mehr das Ziel. Was die Flieger aber wollen, ist die Lizenz für ein Ultraleichtflugzeug sowie die Möglichkeit, künftig mehr Segelflieger mit Motorkraft in die Lüfte zu ziehen. Das sei vor allem für die Attraktivität des Vereins wichtig. An eine neue Sparte Motorflug ist laut Mayer nicht gedacht.
Jürgen Marx, der Sprecher der Bürgerinitiative, begrüßt das Dialog-Angebot. Wichtig sei aber, dass der Verein transparent mache, was er wolle – und was er beantrage. Denn das Ziel seiner Initiative, meint Marx, sei klar: „Wir wollen keinen Motorflug über Vaihingen.“