Der Fünfkampf um die Nachfolge des Markgröninger Rathauschefs Rudolf Kürner wird womöglich schon am 20. Februar entschieden. Schafft es der Verwaltungsfachmann von außen? Oder fährt ihm einer der Lokalmatadoren in die Parade?
Markgröningen - Den größten Lacher des Abends verbucht ein kleiner Hosenmatz. Seine Eltern haben ihn samt Geschwistern und Bilderbüchern auf einer Kuscheldecke in der Markgröninger Stadthalle platziert, um die Bürgermeisterkandidaten anhören zu können. Gerade zählt Kandidat Matthias Röttgermann auf, was alles in die Stadtmitte gehört – „Bäume, Bänke, Wasserspiele...“, als der Knirps etwas aufschnappt. „Wasserspiele!“, kräht er lauthals – Gelächter im Saal. Die Zukunft der Stadt geht alle Generationen etwas an. Deshalb ist die Halle so voll, wie es unter Corona-Bedingungen nur geht.
Rudolf Kürner hört nach 32 Jahren auf
Eine gute Woche noch, dann ist Wahl in Markgröningen. Rudolf Kürner hört nach 32 Jahren auf. Jetzt sitzt er auf dem Podium, moderiert den Abend und hört sich an, was seine potenziellen Nachfolger – drei davon Ortsansässige – alles anders machen wollen als er. Rathaus modernisieren, Verwaltung serviceorientiert denken, die Stadtbahn schneller reaktivieren, mehr in kommunaler Verantwortung bauen statt mit Investoren, den Durchgangsverkehr aus dem Gewerbegebiet Eichwald aus der Stadt herauskriegen, den Schäferlauf bewahren und gleichzeitig in moderne Zeiten führen, grüner werden: Vier von fünf Bewerbern propagieren, wenn auch mit nuancierender Vehemenz und Gewichtung, diese Themen. Der fünfte – Ulrich Raisch („Der war doch vor 32 Jahren auch schon da“, raunt eine Zuschauerin) – wartet statt mit tieferer Ortskenntnis lieber mit Kennedy- oder Gandhi-Zitaten auf. Und mit dem aktuellen Haushaltsplan, den er sich zwar erst am Morgen organisiert hat, zu dem er aber trotzdem die steile These wagt: „Ich reflektiere alles, was hier in dürren Worten drinsteht.“ Während alle Mitkandidaten und Zuschauer Masken tragen, hat Raisch (61) ein Attest und sagt: „Wenn es nach mir ginge, dürften Sie auch alle die Maske abziehen.“
Eines offenbart der Abend: Dass die Eroberung des Chefsessels für Jens Hübner (36, SPD) ein Selbstläufer wird, ist nicht gesichert, auch wenn er qua Verwaltungslaufbahn und Position als Oberriexinger Kämmerer die meiste Expertise mitbringt und mit einem Mix aus der Finanzlage der Stadt geschuldetem Realismus, Förderbeschaffungsfindigkeit, Ideen wie eigenen Stadtwerken und Anpacker-Elan punktet. „Es klingt ein bisschen platt, aber ich könnte eine Ära prägen“, sagt er. Vor allem der grüne Boschler Matthias Röttgermann (53) könnte ihm aber gefährlich werden. Er ist nicht nur beim Wahlkampf in Präsenz und auf social media umtriebig, sondern auf dem Podium energisch und schlagfertig (Kürner: „Sie hätten noch drei Minuten und 13 Sekunden Zeit gehabt für Ihre Vorstellung.“ – Röttgermann: „Ich weiß. Ich bin schnell.“). An ihn richtet das Publikum am Ende die meisten Fragen.
Interkommunales Hallenbad-Projekt
Aber auch Arndt Zwicker (52, für die Grünen im Gemeinderat, aber kein Mitglied) und Stephan Reh (52, parteilos) sind gut vernetzt und treffen manchen wunden Punkt. Zwicker, der seine Rede als Rückblick aus dem Jahr 2032 gestaltet und dann Projekte wie ein interkommunales Hallenbad mit Asperg oder ein Maßstäbe setzendes, unter Gemeinwohlaspekten konzipiertes Wohnquartier realisiert haben will, möchte auch „auf das Engagement und Schwarmwissen der Markgröninger“ zurückgreifen. Reh rückt als Grundschul-Elternbeiratschef Verkehrssicherheits-, Kinderbetreuungs- und Bildungsthemen in den Fokus. Überhaupt sind alle ernsthaften Kandidaten Väter und wissen aus Erfahrung, was Familien umtreibt.
„Und die Alten? Wer hört ihnen zu? Sie haben jede Menge Probleme“, fragt ein 90-Jähriger. „Von welchem Kandidaten wollen Sie die Antwort?“, fragt Rudolf Kürner. Die Replik: „Suchen Sie sich einen aus!“