Der 60 Jahre alte Jörg Lesser ist der einzige Kandidat, der seinen Wahlkampf mit Plakaten garnierte Foto: Stefan Jehle

Am Sonntag wird in Bad Herrenalb gewählt – und es gibt ungewöhnlich viele Spaßkandidaten. Das hat die Zahl der Vorstellungsrunden erhöht – und für mediale Aufmerksamkeit gesorgt.

Bad Herrenalb - Das beschauliche Kurstädtchen Bad Herrenalb hat bei der Wahl eines neuen Rathauschefs am kommenden Sonntag, 20. Oktober, einen besonders langen Wahlzettel – immerhin 29 Bewerber aus dem ganzen Bundesgebiet schicken sich an, für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren. Doch bei der offiziellen Kandidatenvorstellung erschien dann doch kaum ein Dutzend von ihnen in der Kurstadt.

An der letzten von vier offiziellen Vorstellungsrunden, die Stadtrat und Wahlausschuss beschlossen hatten, waren noch einmal vier der so genannten Spaßkandidaten angekündigt – von insgesamt 24. Erschienen ist am Ende nur einer: aus Hessen reiste Falko Görres an, standesgemäß mit rotem Schlips, so wie es die Vertreter der Satiretruppe „Die Partei“ üblicherweise halten. Der 38-Jährige sorgte am Ende seiner kurzen Rede für Gelächter: das Amt, das er anstrebt, wolle er „im Frankfurter Home-Office“ ausführen. Dort sitzt er nach eigenen Angaben „als Verkehrsexperte“ in der Stadtverordnetenversammlung. Für Aufmerksamkeit im Bürgermeisterwahlkampf sorgte jedoch nicht nur Görres. Bei dem ersten Vorstellungstermin im Kurhaus beschrieb der Karlsruher Kandidat Jörg Lesser (60), der als Beruf Privatier angab, die Parallelen zwischen ihm und der Stadt Bad Herrenalb: „Beide überaltert und völlig verschuldet“. Lesser ist auch der einzige, der Wahlplakate aufhängen ließ. Ein anderer Kandidat sprach zehn Minuten nur darüber, dass er sich kurz halten wolle. Auch der Student Max Braun (25), der seit 2014 in Karlsruhe Stadtrat ist, kam eher als Ulknudel rüber: sein Programm, von dem er „gewiss nichts umsetzen wolle“, umfasse Sonderfahrspuren für „Tuk Tuks“ und Flugtaxis, dazu wolle er „ein Abbiegeverbot für Lastwagen“. Rund 500 Zuhörer waren Ende September ins Kurhaus gekommen und hörten sich acht der Spaßkandidaten an.

Jeder Kandidat durfte sich 15 Minuten lang vorstellen

Die Stadt hatte sich arg in Bedrängnis gefühlt, angesichts der Vielzahl der Bewerber aus dem gesamten Bundesgebiet. Der Hauptamtsleiter Ralph Götzmann schrieb schon früh die Kandidaten an, und bat um Mitteilung, wer tatsächlich vor Ort auftreten wolle – mit einer strikten Fristsetzung. 15 Minuten Zeit hatte der Wahlausschuss für die Präsentation jedes einzelnen festgesetzt: während im Kurhaus die Vorstellungsrunde rund zwei Stunden dauerte, war sie beim vierten Termin, im Ortsteil Neusatz, bereits nach 50 Minuten durch. Der bisherige Amtsinhaber Norbert Mai (parteilos), der alle vier Vorstellungsrunden moderierte, wirkte eher gelassen. Auch der Kandidat Max Braun, der angekündigt hatte, auf das „Phänomen der „Fallschirmkandidaturen“ hinweisen zu wollen – also Kandidaten, die keinerlei Bezug zum Wahlort hätten – war zuletzt in der Versenkung verschwunden. Anfragen blieben unbeantwortet.

In allen vier Vorstellungsrunden waren die Säle überfüllt

Was bleibt also von dem kurzzeitigen Medienhype für Bad Herrenalb? Er schlug sich wohl auch nieder in den überfüllten Sälen in allen vier Vorstellungsrunden. Rund 1000 Bürgerinnen und Bürger – bei etwa 6300 Wahlberechtigten – wollten die Bewerber zu Gesicht bekommen.

Am Ende wird die Wahl vermutlich unter den drei Kandidaten entschieden, die sich schon vor Wochen in den Wahlkampf stürzten: dem 59-jährigen Karlsruher Tourismus-Experten Klaus Hoffmann, der „am Haus Bad Herrenalb“ weiterbauen möchte, der Finanzexpertin Sabine Zenker (36), die bereits seit acht Jahren die Kämmerei in Bad Herrenalb leitet, und dem Ettlinger Rechtsanwalt Marc-Yaron Popper (43), der sich in den Vorstellungsrunden zuletzt überraschend pointiert und angriffslustig zeigte. Er könnte noch für Überraschungen sorgen. Zumindest einen Achtungserfolg traut man aber auch dem 59 Jahre alten Berufsfeuerwehrmann Egon Nagel zu.