Hier soll die Biogutvergärungsanlage Anlage hin: Eberhard Pfitzner, Diethelm Röger und Reinhard Klinkenberg (v.l.n.r.) inspizieren das Gelände Foto: factum-Weise

Eine Bürgerinitiative in Bietigheim-Bissingen macht mobil gegen den vorgesehenen Standort für eine Biogutvergärungsanlage. Sie kritisiert vor allem die Informationspolitik der Stadt.

Bietigheim-Bissingen - Ein kleines Wäldchen, Maisfelder, dazu ein Feldweg, auf dem Reiter mit ihren Pferden unterwegs sind – noch deutet nichts darauf hin, dass an diesem Standort, am Waldhof in Bietigheim-Bissingen, eine zwei Hektar große Biogutvergärungsanlage gebaut werden soll, betrieben von einem Konsortium, an dem unter anderen die Stadtwerke Bietigheim-Bissingen (SWBB) und die Abfallverwertungsgesellschaft des Landkreises (AVL) beteiligt sind. „Da könnte mal ein ganzes Gewerbegebiet draus werden“, befürchtet Reinhard Klinkenberg. Der pensionierte Ingenieur ist Mitglied der Bürgerinitiative „Es gärt“ in Bietigheim-Bissingen, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Anlage an diesem Standort zu verhindern.

Beliebtes Erholungsgebiet

Eberhard Pfitzner, ebenfalls Mitglied der Bürgerinitiative, stellt klar: „Wir sind nicht gegen die Vergärungsanlage, aber wir sind gegen ihren Standort hier.“ Zum einen liege sie in der Frischluftschneise der Stadt im Nordwesten. Zum anderen würde die Anlage an ein Landschaftsschutzgebiet grenzen, und das ganze Gebiet sei eine beliebte Erholungs- und Freizeitlandschaft. Dazu komme noch die Verkehrsbelastung durch die Transportfahrzeuge, die auf der B 27 und der Löchgauer Straße Biomüll anliefern würden.

Der harte Kern der Bürgerinitiative besteht zurzeit aus zwölf Personen. „Wir bekommen jedoch täglich mehr Mails von besorgten Bürgern“, sagt Diethelm Röger. Aktuell bereiten sie eine Meinungsumfrage unter Bietigheimer Bürgern vor. „Danach beginnt für uns die heiße Phase“, fügt er hinzu. Ende September befasst sich der Gemeinderat mit dem Thema.

Die Gründer der Bürgerinitiative sind vor allem mit der Informationspolitik der Stadt unzufrieden. „Wir haben das Gefühl, dass wir nicht richtig informiert werden“, sagt Klinkenberg und nennt ein Beispiel: Die SWBB rechnen im Schnitt mit 16 Anlieferungen und 15 Abfuhren mit Lkw pro Tag. Dabei gehen die SWBB von einer Befüllung mit zehn Tonnen pro Lkw aus. „Die AVL hat mir aber bestätigt, dass ein Lkw normal nur sieben Tonnen Biomüll transportiert“, sagt Klinkenberg. Entsprechend ändert sich die Zahl der Anfahrten. Alles in allem kommt die Bürgerinitiative auf 88 Fahrten pro Tag.

Zweifel an Wirtschaftlichkeit

Auch was die Wirtschaftlichkeit der Anlage angeht, haben die drei ihre Zweifel: „Die AVL stellt an allen Ecken und Enden fest, dass es sich nicht lohnt, aber Bietigheim will die Anlage“, sagt Klinkenberg. Die AVL hatte im Kreistag „Finanzierungsrisiken“ als Grund genannt, die Anlage nicht selbst betreiben zu wollen. Klinkenberg, Pfitzner und Röger stört auch, dass Oberbürgermeister Jürgen Kessing bis heute keine Alternativstandorte genannt hat, dabei gebe es aus ihrer Sicht einige: den ehemaligen Steinbruch, am Klärwerk oder an der Autobahn. Klar ist für sie: „Eine gewerbliche Industrieanlage gehört ins Gewerbegebiet“, so Klinkenberg.

Widerstand formiert sich auch in den angrenzenden Gemeinden. So haben die Bürgermeister von Löchgau, Freudental und Erligheim einen Brief an OB Kessing und den Landrat Rainer Haas geschrieben, in dem sie darlegen, dass sie den gewählten Standort für falsch halten. Pro Tag durchquerten 13 000 Fahrzeuge Erligheim, die Lärmbelastung liege teilweise über dem Grenzwert von 65 Dezibel tagsüber, sagt der Bürgermeister Rainer Schäuffele. „Bei uns ist die Grenze erreicht.“