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Stuttgarts Bürger nutzen die Möglichkeit zur Beteiligung am Haushalt im Netz rege.

Stuttgart - Die Stuttgarter haben viele Wünsche an den Haushalt der Landeshauptstadt, der regeln wird, was 2012 und 2013 kommunal passiert. Die Aktion Bürgerhaushalt ist überaus rege genutzt worden. So rege, sagt OB Wolfgang Schuster, dass Stuttgart wieder mal Spitze sei.

8983 Teilnehmer, 1745 Vorschläge und rund 243.000 Bewertungen der Vorschläge in nur drei Wochen: Die Phase1 der Aktion Bürgerhaushalt habe bei der Bevölkerung außerordentlich große Resonanz gefunden, bilanzierte Stuttgarts OB Wolfgang Schuster am Mittwoch.

In keiner anderen deutschen Großstadt, die solches unternahm, hätten die Menschen so viele Hinweise geliefert, wo man investieren oder lieber sparen sollte. In Köln hätten 10.000 Bürger etwa 1250 Vorschläge geliefert und 39.000 Bewertungen vorgenommen. In Essen lieferten rund 4000 Bürger rund 250 Vorschläge und rund 114.000 Bewertungen. Aber dass Stuttgart vorne liege, sei ja nicht ungewöhnlich, meinte Schuster.

Das Freibad Sillenbuch ganz vorn

Das inhaltliche Ergebnis der öffentlichen Beteiligung, die fast komplett über das Internet lief, überraschte den OB dann doch etwas. Unter den ersten 100 Vorschlägen nach dem Maß der Zustimmung rangierte die Erhaltung und Sanierung des kleinen Freibads Sillenbuch (685 positive Bewertungen) ganz vorn - dabei sei die Erhaltung gar nicht in Frage gestellt, wunderten sich Schuster und Kämmereileiter Volker Schaible.

Auf Platz 2 landete ein weiterer Vorschlag mit eher örtlicher Bedeutung: der Wunsch nach einem neuen Farmgebäude auf der Kinder- und Jugendfarm Zuffenhausen (642 Bewertungen). Dann folgten: mehr Anreize für Erzieher zur Arbeit in städtischen Kindertagesstätten (596 Bewertungen), städtische Förderung für die Tanzcompagnie Gauthier Dance im Theaterhaus (581) sowie Verzicht auf Stuttgart21 (567).

Dass der Protest gegen S21 eine Rolle spielen würde, sei zu erwarten gewesen, meinte Schuster. Der fünfte Platz drückt das im Übrigen nicht angemessen aus. Denn die S-21-Problematik ist wie einige andere Themen gleich mehrfach unter den 100 Vorschlägen mit der höchsten Zustimmung oder gar den insgesamt 1745 Vorschlägen vertreten - in unterschiedlichen Spielarten.

Besserer und günstigerer Nahverkehr

Sortiert man die Vorschläge nach Sektoren, dann dominieren die Wünsche nach Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr wie Stuttgart-Ticket, günstigere Preise, durchgängiger 10-Minuten-Takt in der Innenstadt und mehr Nachtverkehr. Gleichauf folgen Vorschläge für die Stadtplanung wie Bäume für den Marienplatz, mehr Stadt am Neckar und Sandstrand am Feuersee.

Die regelmäßige Förderung von Gauthier Dance, sagte Schuster, habe der Gemeinderat schon beschlossen. Aber auch in solchen Fällen sei die Aktion für Verwaltung und Gemeinderat nützlich: zur Einschätzung der Interessen. Interessant fand Schuster, dass kein Vorschlag die Senkung von Steuern und Gebühren verlangt, obwohl der Haus- eigentümer-Verein dieses Thema forciert.

Die Ergebnisse werden in die Etatberatungen eingespeist. Die 120 Vorschläge mit der höchsten Zustimmung will die Verwaltung vorher fachlich bewerten. Die Stadträte wollen gegebenenfalls aber auch weiter unten platzierte Vorschläge aufgreifen. Er sei sich sicher, sagte Schuster, dass es die Aktion auch künftig geben werde. Bis März will die Stadt den Pilotversuch von externer Seite bewerten lassen und im Frühjahr mit dem Gemeinderat etwaige Verbesserungen beraten.

Was aus den Vorschlägen wurde, sollen die Teilnehmer nach den Etatberatungen durch einen elektronischen Rundbrief erfahren. Bestellen kann man ihn unter www.buergerhaushalt-stuttgart.de. Auf www.stuttgart.de sind die wichtigsten Vorschläge aufgelistet.