Im Mai hatte der Landtag bereits das 75-jährige Bestehen des Grundgesetzes und der Bundesrepublik gefeiert. Auf einem Bürgerfest am Samstag drehte sich erneut alles um die Verfassung.
Pflicht, Recht, Freiheit: Was kommt am häufigsten im Grundgesetz vor? Das war die Frage beim Bürgerfest des Landtags Baden-Württemberg – zumindest am Stand der Bürgerbeauftragten des Landes. Wer es zu wissen glaubte, ließ ein Steinchen in eines der mit den Begriffen beschrifteten Gläser fallen. „Freiheit?“ tippte ein älterer Herr, die Frau daneben energisch „Recht!“. Sie lag richtig. „Recht kommt 74 Mal vor, Freiheit 24 Mal, Pflicht 16 Mal“, sagt die stellvertretende Bürgerbeauftragte Anna-Lena Westhauser: „Das Recht garantiert die Freiheit nach dem Grundgesetz.“ Die Gewinnerin erhält einen Einkaufschip.
Deutschlands Verfassung feiert in diesem Jahr 75. Geburtstag. Das war auch das zentrale Thema des diesjährigen Bürgerfests des baden-württembergischen Landtags am Samstag. „Deine Freiheit. Mein Respekt – 75 Jahre Grundgesetz“ lautete das Motto des Programms mit Angeboten der Parteien und der Landtagsverwaltung. Es gab Führungen und Diskussionen, moderiert vom SWR und den privaten Sendern Antenne 1, Radio Regenbogen und Radio 7. Freiheit klang auch aus den Songs der Bands, die Titel intonierten wie Zaz’ „Je veux“ oder Westerhagen „Es geht mir gut“.
„Ein solches Fest ist in diesen Zeiten wichtiger denn je“, fand eine Besucherin
Was die Artikel des Grundgesetzes beinhalten – etwa die Freiheit der Meinungsäußerung, der Presse, der Lehre, der Versammlung – verdeutlichten Karikaturen bei der Landeszentrale für politische Bildung. Wie unerlässlich Qualitätsmedien für den Erhalt der Demokratie sind, unterstrich die Gastgeberin, Landtagspräsidentin Muhterem Aras, im Gespräch mit SWR-Intendant Kai Gniffke: „Wir sehen in anderen Ländern, was passiert, wenn der Staat die Pressefreiheit aushöhlt. Klar sein muss, was uns guter Journalismus wert ist, dass er etwas kostet“, betonte Aras: Ihr Lieblingsartikel im Grundgesetz? „Artikel nummer eins, die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Gut auf den Punkt gebracht fanden das die Besucherinnen und Besucher an einem Fotostand, wo sie sich mit ihren liebsten Artikeln auf Buttons ablichten ließen, darunter Besucherin Renate: „Ein solches Fest ist in diesen Zeiten wichtiger denn je – mit Politikerinnen und Politikern in Kontakt zu kommen, Einblicke darüber zu erhalten, wie parlamentarische Prozesse funktionieren“, sagt die Stuttgarterin. Das unterstreicht Julia Mayer nach einer Führung durchs Haus: „Die gläserne Landtags-Architektur zeigt, um was es geht: Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen“, sagt die Mitzwanzigerin, die in Tübingen kommunalpolitisch aktiv ist.
Die Freiheit, auch Lügen erzählen zu können
Gut besucht war das Format „Fragen erwünscht“ im Plenarsaal: Abgeordnete aller Fraktionen beantworteten dort Fragen, etwa zum Haushalt. Bei der „Elefantenrunde“ in der Lobby des Hauptgeschosses kamen die Fraktionsvorsitzenden zu Wort. Das SWR-Team Astrid Meisoll und Alexandra Gondorf befragte Andreas Schwarz (Grüne), Manuel Hagel (CDU), Andreas Stoch (SPD), Hans-Ulrich Rülke (FDP) und Anton Baron (AfD) zu Themen wie Politik- und Demokratieverdrossenheit. Essentiell sei, Menschen zuzuhören und sie mitzunehmen, etwa in Beteiligungsverfahren, hieß es dort. Unmut regte sich im Publikum, als AfD-Mann Baron behauptete, Deutschland bewege sich Richtung „Totalitarismus“. Beifall gab es, als dazu Schwarz – einig mit seinen Kollegen der CDU, SPD und FDP – betonte, dass das Grundgesetz eben auch die Freiheit garantiere, Lügen erzählen zu können.