Wer Probleme mit Behörden hat, soll sich künftig an einen Bürgerbeauftragten des Landes wenden können. CDU und FDP sehen darin vor allem Ausdruck des Misstrauens gegen die Polizei.
Stuttgart - Grüne und SPD halten die Einrichtung einer oder eines Bürgerbeauftragten für einen wichtigen Baustein in der „Politik des Gehörtwerdens“, finden damit allerdings kein Gehör bei der Opposition. Das hat sich am Donnerstag bei der ersten Lesung im Landtag abgezeichnet.
Das Gesetz sieht eine neutrale, beim Landtag angesiedelte Instanz vor, die bei Konflikten von Bürgern mit Behörden – auch mit der Polizei – berät und vermittelt. „Jede und jeder hat das Recht, sich unmittelbar schriftlich, elektronisch und mündlich an die Bürgerbeauftragte oder den Bürgerbeauftragten zu wenden“, heißt es darin.
Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann sagte im Landtag, dies sei ein „Baustein zur Stärkung der Bürgergesellschaft“. Das Land schaffe so einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Vermittlung, nicht zuletzt für Konflikte mit der Polizei. Die Interessenvertretung der Bürger erhalte somit ein „Gesicht“.
Blick auf Rheinland-Pfalz
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel verwies auf die lange Tradition von Ombudsleuten in Europa. So habe das Europäische Parlament schon vor 20 Jahren einen Bürgerbeauftragten installiert: „Er ist Moderator, Dolmetscher und Lotse für die Bürger.“ Der finde sich im „Gestrüpp“ von Rechten und Pflichten immer weniger zurecht.
Die Erfahrungen in Rheinland-Pfalz seien positiv, sagte Schmiedel. Das Nachbarland hat bereits vor Jahren eine solche Beschwerdeinstanz eingerichtet. Auch Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern haben Bürgerbeauftragte.
Im Jahr 2014 sind laut Schmiedel in Rheinland-Pfalz 2260 Anliegen an den Ombudsmann herangetragen worden. 804 davon hätten sich dadurch erledigt, dass „eine Auskunft erteilt“ wurde. 262 konnten einvernehmlich geklärt werden. Hunderte Eingaben hätte der Bürgerbeauftragte allerdings zurückweisen müssen, weil etwa schon ein Gerichtsurteil vorlag.
CDU: Linke Machenschaften
Diese Einschränkung will auch Baden-Württemberg machen. Auch das Petitionsrecht soll nicht angetastet werden: „Entscheidungen des Ausschusses können nicht mehr aufgegriffen werden“, so Schmiedel.
CDU-Fraktionsvize Peter Hauk nannte das Vorhaben dagegen eine „linke Machenschaft“, denn es zeuge von tiefgreifendem Misstrauen gegenüber der Polizei. Die Bürger hätten doch heute schon alle Möglichkeiten, sich Rat und Hilfe zu holen. Es gebe einen funktionierenden Petitionsausschuss, außerdem sei ja jeder Abgeordnete ein Volksvertreter. Hauk monierte außerdem die Kosten, die im Gesetzentwurf auf mindestens 323.000 Euro beziffert werden.
Die Liberalen sehen in dem Vorhaben vor allem ein „Trostpflaster“ für die Grünen, da diese mit der beabsichtigten Kennzeichnungspflicht für Polizisten bei sogenannten Großlagen gescheitert seien.
Kennzeichnungspflicht fällt flach
In der Tat sperrte sich der SPD-Koalitionspartner vehement dagegen, die im Koalitionsvertrag vereinbarte anonymisierte Kennzeichnung von Polizeibeamten umzusetzen. Angesichts der Terrorbedrohung passe eine solche Pflicht „nicht mehr in die Zeit“, lautet etwa die Begründung des SPD-Innenpolitikers Nik Sakellariou. Die Grünen legten das Vorhaben daraufhin auf Eis – auch angesichts der Widerstände in der Polizei. Stattdessen einigten sich die Koalitionspartner auf die Einrichtung eines Bürger- und Polizeibeauftragten.
Die Liberalen monierten aber auch handwerkliche Mängel: „Da wurde nicht ordentlich gearbeitet“, sagte der FDP-Abgeordnete Niko Reith. So gebe es noch keine Antwort auf die Frage, wie Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragte zusammenarbeiten sollen. Ein Gespräch mit dem Ausschuss habe noch nicht stattgefunden.