Die Anwohner haben bei der Bürger-Werkstatt auf Zettel geschrieben, wie sich sie das neue Wohnquartier im Stöckach wünschen. Foto:  

Die EnBW will 600 neue Wohnungen bauen. Bürger-Werkstätten sollen die Anwohner in diesen Prozess einbinden.

S-Ost - Gut 30 interessierte Bürger sind am vergangenen Samstag zur Hackstraße 31 gekommen, um über die Entwicklung des Stöckach-Areals zu diskutieren. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat sie zu einer Bürger-Werkstatt mit Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden eingeladen. Das Unternehmen hat große Pläne für die Fläche zwischen der Stöckachstraße und der Hack- sowie Schwarenbergstraße.

Auf dem gut 40 000 Quadratmeter großen Areal – das entspricht der Größe von knapp sechs Fußballfeldern – sollen 60 000 Quadratmeter Wohnfläche geschaffen werden. Bis zu 800 Wohnungen schweben der EnBW vor, 40 Prozent davon sollen geförderter Wohnraum sein. Und modernsten Maßstäben soll der neue Stöckach entsprechen. „Wir wollen das Areal sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltig bebauen“, sagt Thomas Erk, Immobilienchef der EnBW.

Kein Durchgangsverkehr durch das Quartier

Die Frauen und Männer, die zu der ersten Bürger-Werkstatt gekommen sind, sollen helfen, dieses Ziel zu erreichen. Der Entwurf, welcher der Stadtverwaltung als Grundlage für einen Bebauungsplan dienen wird, soll bis Ende Jahres in einem städtebaulichen Wettbewerb von einer Jury bestimmt werden. In insgesamt vier Bürger-Werkstätten will die EnBW die Wünsche und Anforderungen der Teilnehmer sammeln. Diese werden dokumentiert und gebündelt an die Architektenkammer weitergereicht. „Wir werden hier voraussichtlich keine widerspruchsfreien Anforderungen an den Wettbewerb aufstellen“, sagt Christopher Schriner vom Berliner Büro C4C, das den Wettbewerb organisiert. „Stattdessen wollen wir eine Reihe von Zielkonflikten definieren und dann sehen, welche Lösungen die Teilnehmer uns anbieten.“

Diesen Zielkonflikten nähern sich die Teilnehmer am Samstag in vier Workshops an. Ein Beispiel: Wie stellen sie sich die Mobilität im neuen Stöckach vor? Sollen Parkmöglichkeiten für die Anwohner bereitgestellt werden, oder sind Fahrradstellplätze sinnvoller? Ein Ergebnis der Diskussion sei der Wunsch gewesen, dass kein Durchgangsverkehr durch das Quartier geführt werden soll, berichtet Thomas Erk, der selbst an den Diskussionen teilnimmt. Andere Gruppen machen sich Gedanken zur Umgebung in Stuttgart-Ost, schreiben auf kleine Schilder, was es bereits gibt und was die neue Bebauung des Areals in den Stadtteil einbringen kann. Einer der Teilnehmer weist darauf hin, dass es in der Umgebung nur wenige Eisdielen gibt – ein Mangel, den der neue Stöckach beheben könnte.

Ein neutraler Blick von außen

Oft geht es um Fragen, die weit über architektonische Themen hinausgehen. Zum Beispiel darum, wie sich die Teilnehmer das Zusammenleben in der geplanten Nachbarschaft vorstellen. Gibt es Bürgertreffs? Und lassen sich diese vielleicht digital vernetzen? „Uns war wichtig, dass wir die Diskussion nicht auf bauliche Fragen beschränken“, erklärt Frauke Burgdorff, „denn uns war klar: Das Bauen können Architekten besser. Hier geht es darum, alle Aspekte dieses Projekts in den Blick zu nehmen.“ Burgdorff organisiert mit ihrem Büro Burgdorff Stadt aus Bochum die Einbindung der Bürger in das Projekt.

„Dadurch dass Frau Burgdorff von außerhalb kommt – weit weg von Stuttgart-Ost und der EnBW – bringt sie maximale Neutralität mit“, erklärt Thomas Erk. „Diese Perspektive ist sehr wichtig. Oft hat sie uns schon Ideen oder Formulierungen um die Ohren gehauen mit den Worten: ‚Das verstehen die Bürger so nicht.‘“

Drei weitere Bürger-Werkstätten

Auch darum, wie diese Einbindung der Bürger in Zukunft aussehen soll, ging es in den Workshops am Samstag. Einige Eckpunkte standen bereits fest: Drei weitere Bürger-Werkstätten sind geplant. Am Ende haben die Teilnehmer kein Stimmrecht in der Preisjury des Wettbewerbs, können aber drei Sachverständige bestimmen, die von der Jury gehört werden. Eine Frage, welche die Bürger-Werkstätten nun klären müssen: Wie können diese drei Sachverständigen bestimmt werden? Zwei Ideen werden am Samstag diskutiert; man könnte sie demokratisch wählen oder per Los bestimmen. „Wir haben hierauf noch keine Antwort gefunden“, sagt Erk. „Darum ging es heute auch noch nicht. Aber wir haben einen ersten Schritt in diesem langen Prozess gemacht.“