Rosi Schwing, Hermann Abmayr, Klaus Enslin und Rolf Münzenmayer (von links) im Ortsmuseum Rotenberg. Foto: Iris Frey

Drei Untertürkheimer Vereine haben im Ortsmuseum Rotenberg bekannt gegeben, dass sie den Stuttgarter Journalisten Hermann Abmayr auszeichnen werden.

Der Bürgerverein, die Naturfreunde und der Kulturhausverein verleihen am 14. November zum dritten Mal den mit 3000 Euro dotierten Albert-Dulk-Preis. Er ehrt Grenzgänger, die sich gesellschaftspolitisch im Sinne von Albert Dulk (1819-1884) mutig und offen engagieren, Grenzen überschreiten. In diesem Jahr wird der renommierte Hörfunk- und Buchautor, Dokumentarfilmer und Journalist Hermann Abmayr ausgezeichnet, der durch seine Arbeit auch Bezüge zu Untertürkheim hat.

 

Buch über Stuttgarter NS-Täter herausgegeben

Namensgeber Dulk war Schriftsteller, Extremsportler, Freidenker und Revolutionär und engagiert für die Sozialdemokratie. Er wohnte ab 1858 in Stuttgart, die letzten 13 Jahre seines Lebens in Untertürkheim. Der 69 Jahre alte Abmayr, geboren in Augsburg, ist seit 1980 als Journalist für Zeitungen und Zeitschriften tätig und seit 1985 auch für Fernsehsender vom WDR, SDR, SWR , SR und die ARD mit den Schwerpunkten Verkehr, Umwelt, Wirtschaft, Sozialpolitik und Zeitgeschichte, insbesondere die des Nationalsozialismus. So war er beispielsweise Herausgeber des 2009 erschienenen Buches „Stuttgarter NS-Täter. Vom Mitläufer bis zum Massenmörder“. Es sei das erste Buch der Art in Deutschland gewesen, sagte Abmayr, ein Buch über die Täter. Den Grimme-Preis erhielt er für die ARD-Dokumentation „Gesucht wird Josef Mengele“ von 1985, für deren Recherche er zuständig war.

Film über Treffen von NS-Täter-Opferkind

Der Film „Sie kann ja nichts für ihren Vater“, eine Begegnung zwischen Täter- und Opferkind, führt ebenfalls nach Untertürkheim zum Schicksal der von den Nazis hingerichteten Familie Schlotterbeck. Im Film treffen sich Opfer- und Täterkind, Wilfriede Heß, Tochter der Kommunistin Gertude Lutz, geborene Schlotterbeck und Ingrid Hagenlocher, Tochter des Gestapo-Beamten Alfred Hagenlocher, mit verantwortlich für die Ermordung fast aller Mitglieder der Widerstandsgruppe am 30. November 1944. Hermann Abmayr, der auch ein Buch über die Stuttgarter Stolpersteine herausgegeben hat, hat die äußerst emotionale Begegnung von Täter- und Opferkind 75 Jahre später filmisch dokumentiert im Auftrag des Hauses der Geschichte für den Erinnerungsort „Hotel Silber“. Der Film wurde auch beim Kulturhausverein in Untertürkheim gezeigt. Ein wichtiges Projekt, wie Abmayr selbst sagt.

Zuletzt hat er im Mai sein Buch „Texte eines Widerständigen“ über Willi Bleicher, den Gewerkschafter aus Luginsland veröffentlicht mit Briefen aus dem KZ, Reden und Interviews. „Viele Menschen bekommen den Zugang zur Geschichte über Personen“, sagt der Autor. So will er über Porträts motivieren, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen und daraus Lehren zu ziehen, um die Gegenwart besser zu verstehen. Sorgen macht er sich um den zunehmenden Einfluss Rechtsextremer in Politik und Gesellschaft und fordert, sich mit den Ursachen mehr auseinanderzusetzen – wie der sozialen Verunsicherung, dem Auseinanderdriften von Arm und Reich, Zukunftsängsten und Ängsten vor Verlust von Besitztümern, Krisen, Kriegen und dem Klimawandel.

Die drei Vereine wollen mit der Preisvergabe den Einsatz des Journalisten für die Demokratie würdigen, einen Grenzgänger, der in Büchern und Filmen öffentlich macht, was sonst vergessen wäre.

Der Albert-Dulk-Preis

Albert-Dulk-Preis
Der Preis wurde erstmals 2016 vergeben und ging an den Stuttgarter Perfomancekünstler Pablo Wendel. 2012 hatten der Bürgerverein und der Kulturhausverein beschlossen, in selbstständiger, ehrenamtliche Zusammenarbeit den Preis ins Leben zu rufen, um an Albert Dulk zu erinnern, der ab 1871 bis zu seinem Tode 1884 in Untertürkheim gelebt hat. Den zweiten Preis erhielt 2019 der Stuttgarter Kabarettist, Autor und Publizist Peter Grohmann für sein gesellschaftspolitisches Engagement. 2019 wurde an den 200. Geburtstag von Albert Dulk erinnert.

Preisverleihung 2025
Am 14. November wird der Preis im Kulturtreff Untertürkheim um 20 Uhr verliehen. Vom 11. bis 29. November informiert eine Ausstellung in der Stadtteilbibliothek Untertürkheim über das Multitalent Albert Dulk.