Bürger machen mit beschrifteten Fähnchen Vorschläge zur Zukunftsplanung an der B 14. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die erste Runde der Bürgerbeteiligung zum neuen Stadtraum entlang der B 14 hat ein klares Votum ergeben: Stuttgarter wollen weniger Verkehr und mehr Raum für urbanes Leben. Zudem zeichnet sich ab, dass die Untertunnelung der Stadtautobahn zu teuer ist.

Stuttgart - Es soll zusammenwachsen, was zusammengehört. Der eine Teil der Stadt mit dem anderen, den die B 14 trennt. Der Wille, diesen „Grand Canyon“ zu schließen, wie ihn Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) nennt, ist in der Stadt spürbar.

Die Frage lautet jedoch: wie? Und: Was soll mit dem neuen Stadtraum B 14 geschehen? Am Ende wird darüber der Gemeinderat entscheiden. Allerdings nicht ohne die Interessen der Bürger zu hören und zu berücksichtigen, die schließlich Vorgaben für einen Planungs-Wettbewerb formulieren sollen. Was soll also da werden, wo täglich mehr als 100 000 Autos und Lastwagen durchrollen? Ein Park? Ein Boulevard? Eine Wasserstraße gar? Alles über einem Tunnel, der den Verkehr fasst?

Genau darum geht es, wie Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) den Auftakt zur Bürgerbeteiligung zur Stadtautobahn am Samstag im Rathaus anmoderierte: „Wie kann man eine Stadt, die an der B 14 unter empfindlichen Autostress leidet, davon befreien?“ Kuhn wünscht sich eine Strategie, „wie man eine autogerechte Stadt zu einer urbanen und menschlicheren Stadt umplanen kann“. Freilich weiß er, dass dies nicht von „Mittwoch auf Donnerstag“ gehe, aber es gebe keine Alternative.

Trotz Tunnel gäbe es 40 000 Autos Durchgangsverkehr

Er und sein Baubürgermeister ließen jedoch schon vor der Diskussion der Arbeitsgruppen am Samstag durchschimmern, dass die Untertunnelung wohl nur vordergründig eine Lösung sei. „Die Autos müssen ja irgendwo wieder raus“, gab Kuhn zu bedenken. Zudem sei die Sache teuer. Pätzold ergänzte, dass am Streckenabschnitt in Höhe des Wilhelmsplatzes eine Untertunnelung nur schwer möglich sei. „Außerdem hätten wir trotz Tunnel täglich 40 000 Autos Durchgangsverkehr“, sagte Pätzold.

Unabhängig was am Ende herauskomme, lobte indes Markus Müller von der Architektenkammer „das starke Stück Demokratie, das hier vollzogen wird“. Er mahnte auch in Zukunft zur Offenheit in diesem Prozess. Einerseits sei die Stadt schon öfter zurückgebaut worden, ohne zugrunde zu gehen. Anderseits sei die Stadt auch kein leises Museum, in der es keinen Verkehr geben dürfe. „Es gilt, Stadt, Menschen und Verkehr zu versöhnen“, sagte Müller.

Kretschmann will einen Steg

Doch vor der Versöhnung steht die Kontroverse, die in den Arbeitsgruppen bereits aufflackerte. Unterteilt in vier Streckenabschnitte machten die Bürger und Interessensvertreter von Initiativen und Parteien ihre Vorschläge. Sogar Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mischte mit. Er schickte seinen Sprecher Arne Braun, der für einen Steg über die Kulturmeile votieren sollte. „Keine gute Idee“, entgegnete Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin Mitte: „Lieber jetzt schnell einen Ampelüberweg für 100 000 Euro schaffen, statt einen Steg für sieben Millionen.“ Mit diesem Vorschlag ist Kienzle ist bester Gesellschaft. Auch die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen bündelten diese Forderung neben den Wünschen nach mehr Grünflächen, weniger Fahrspuren, mehr Rad- und Fußgängerinfrastruktur und echten Plätzen.

Einig waren sich auch alle darin, „dass das Herz der Stadt revitalisiert werden müsse“, wie ein Sprecher des Moderatoren-Teams „Dialog Basis“ zusammenfasste. Unzufrieden war am Ende nur der Vertreter von Aufbruch Stuttgart, Wieland Backes. Ohne eigene Vorschläge zu machen, meinte er nur: „Es muss was Substantielles geschehen.“