Mehr als 100 Mitwirkende verfilmen den antirassistischen Protestsong „Sage Nein!“ von Konstantin Wecker neu. Auf dem Sindelfinger Neujahrsempfang am Sonntag soll er vor einem breiten Publikum laufen. Bereits jetzt gibt es das Video online zu sehen.
Das Lied „Sage Nein!“ des bayerischen Liedermachers Konstantin Wecker wurde 1993 veröffentlicht – und hat doch immer noch Aktualität. Damals reagierte Wecker auf die grausamen Brandanschläge auf Asylbewerberheime in Solingen, Hünxe und Mölln. Darin prangert Liedermacher rechtsextreme Tendenzen in der ganzen Gesellschaft an: „Wenn sie jetzt ganz unverhohlen, wieder Nazi-Lieder johlen“, lautet eine Textzeile. Das „Bündnis buntes Sindelfingen“ hat zu diesem Lied nun ein Video präsentiert, in dem der Text von rund 50 Mitwirkenden in verschiedenen Sequenzen per Lippensynchronisation dargestellt wird.
Am Samstag feierten die Verantwortlichen vor rund 150 Gästen im Sindelfinger Pavillon die Uraufführung, am kommenden Sonntag, 19. Januar, soll das Video auf dem Sindelfinger Neujahrsempfang einem breiten Publikum gezeigt werden. Schon jetzt steht es im Youtube-Kanal des Künstlers online. „Soeben haben wir die Freigabe von Konstantin Wecker dafür erhalten“, sagt Mitinitiator Ulrich Hensinger. Federführend bei der Aktion waren die Journalistin Monika Etspüler, Heidi Hafner, Gert Fenselau und Ursula Merz. Sie gehören auch zum Kern des Bündnis buntes Sindelfingen.
„Dieses professionell gefilmte und geschnittene Video mit über 100 Mitwirkenden aus Sindelfingen bringt nicht nur eine wichtige Botschaft für Vielfalt und Zusammenhalt“, sagt Uli Hensinger. Die aufwändigen Filmaufnahmen mit ganz unterschiedlichen Personen und Gruppen hätten auch gezeigt, „dass es in Sindelfingen ein starkes Bekenntnis zum Zusammenhalt gibt“. Das Bündnis gründete sich im vergangenen Jahr in Reaktion auf ein Geheimtreffen von Neonazis in Potsdam, über das im November 2023 berichtet wurde.
Das Lied „Sage Nein!“ wurde seitdem von Wecker selbst immer wieder neu interpretiert. Der Liedermacher passte die Zeilen jeweils aktuellen politischen Gegebenheiten an. 2019 veröffentliche Ezé Wendtoin ein Video dazu, in dem neben Wecker 50 weitere Personen die Lippen zu Ezés Gesang und Weckers Melodie bewegen. Die Sindelfinger haben sich an diese Machart angelehnt und sie neu interpretiert. So erklingt der eindrückliche Text bildlich aus vielen Mündern – quer durch die bunt gemischte Gesellschaft.
AfD beteiligt sich nicht
Zu den beteiligten Gruppen gehören die demokratischen Parteien des Gemeinderats, Jugendgemeinderat, Bürgerstiftung, evangelische Pfarrer, Quartiersarbeiter ebenso wie Kulturschaffende, der AK Asyl und viele weitere Gruppen und Einzelpersonen. Die AfD im Sindelfinger Gemeinderat ließ die Anfrage unbeantwortet, sagen die Macher. Insgesamt 20 Stadträtinnen und Stadträte hätten mitgemacht bei den Dreharbeiten, die fünf Wochen gedauert haben, sagt der zweite Vorsitzende des Film- und Videoclubs Sindelfingen, Kurt Haug. Mitglied Armin Hess verbrachte weitere acht Stunden damit, die Sequenzen im Studio zusammen zu schneiden.
Das bunte Bündnis entstand 2024, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Dafür haben sich alle demokratischen Fraktionen des Sindelfinger Gemeinderats zusammengefunden und eine Demonstration unter dem Motto „Nie wieder ist - jetzt!“ organisiert. Sie fand am 3. Februar 2024 auf dem Sindelfinger Marktplatz statt. Rund 1000 Menschen beteiligten sich an dem Ereignis, das von den Hanke Brothers musikalisch umrahmt wurde. Die Veranstaltung zielte darauf ab, die Wichtigkeit von Demokratie, Vielfalt und Menschlichkeit zu betonen.
Hensinger: „ In Sindelfingen, wo mehr als die Hälfte der Bevölkerung eine Migrationsgeschichte hat und in der mehr als 120 Nationalitäten friedlich zusammen leben, wollen wir uns weiterhin für Vielfalt und ein Miteinander einsetzen und die Grundwerte unserer Demokratie verteidigen.“ Die Arbeitsgruppe Kultur, unterstützt von der IG Kultur und Hilmar Kallweit, organisierte außerdem am 12. Juni ein Kulturfestival auf dem Sindelfinger Marktplatz, das über 500 Zuschauer anzog. Künstler wie Fonky-Fonky, Skin of Clazz und der Musicalchor der Jungen Bühne traten auf.
Parallel dazu setzte sich die Arbeitsgruppe Bildung mit Veranstaltungen wie der „Langen Nacht der Demokratie“ am 2. Oktober und „Heimat gestalten: Perspektiven für eine vielfältige Gesellschaft“ am 21. Oktober in der Martinskirche ein. Diese Events wurden maßgeblich von Mathieu Coquelin mitgestaltet.