Annette Maucher ist die neue Leiterin der Gerlinger Bücherei. Foto: Simon Granville

Lernroboter für Kinder, Lesegeräte für E-Books, Tablets für Führungen: In der Gerlinger Bibliothek werden mehr Neue Medien Einzug halten. Sie ist nun auch ausgezeichnet.

Gerlingen - Eine neue Stelle in einer Bücherei, die jetzt nicht nur eine Auszeichnung erhalten hat, sondern auch grünes Licht für eine finanzielle Förderung: Jobmäßig läuft es bestens bei Annette Maucher. Sie führt seit Juli die Gerlinger Bibliothek und sieben Mitarbeiterinnen – und hat sich viel vorgenommen. „Ich bin ein umtriebiger Mensch, eine Macherin“, sagt die 53-Jährige und lacht. Sie organisiere gern und mag es, sich zu kümmern. Zum Beispiel darum, dass die digitalen Medien mehr Einzug in der Bücherei halten. Die Onleihe werde sehr gut angenommen. Mit 40.000 Ausleihen im vergangenen Jahr liege Gerlingen ganz vorn.

Der nun bewilligte Antrag für eine Finanzspritze von 24.000 Euro im Rahmen des Förderprogramms „Vor Ort für alle“ hilft Annette Maucher bei ihrem Vorhaben enorm. „Das ist ein Traum.“ Von der Stadt Gerlingen gibt es 8000 Euro. Mit dem Geld finanziert die Bücherei-Leiterin eine für das Personal wie die Leser nutzerfreundlichere Software – sie kommt im Winter – E-Book-Reader, Lernroboter für Kinder und Lizenzen.

Kinder werden heute alle digital groß

Auch von einem anderen Förderprogramm des Deutschen Bibliotheksverbands möchte Annette Maucher profitieren. Mit erneut etwas Glück schafft die 53-Jährige dann Tablets für Schüler an. Die sollen damit etwa Führungen durch die Bücherei erleben, in Form einer Schatzsuche. Das sei eine „alte Sache mit einem neuen Medium“.

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Kinder würden heute alle digital groß, da müsse man sich anpassen, sagt die Münchingerin. Aus ihrer Sicht müssen analoge wie digitale Medien nebeneinander vorhanden sein. „Eine Bibliothek ist der ideale Ort, um beides zu nutzen. Wir brauchen zeitgemäße Medien, um junge Nutzer und Familien zu erreichen“, sagt Annette Maucher.

Deshalb gibt es in der Bücherei von Herbst an Tonies, ein Audiosystem für Kinder. Und auch Konsolenspiele und ein großes Streaming-Angebot aus Filmen und Musik schweben der 53-Jährigen vor. Vieles ist Zukunftsmusik, betont sie. Zunächst wolle sie die Abläufe in der Bücherei kennenlernen und die neue Software einführen.

Nicht die erste Leitungsfunktion

Dass die internen Arbeitsabläufe ziemlich gut funktionieren, bestätigt ihr schwarz auf weiß das Zertifikat „Ausgezeichnete Bibliothek“ der Hochschule der Medien Stuttgart. Das Siegel, das im Landkreis nur noch die Bücherei in Ditzingen schmückt, hängt am Eingang. „Das hat schon etwas und verpflichtet einen“, sagt Annette Maucher.

Das Projekt für Qualitätsmanagement hatte ihre Vorgängerin Ulrike Born vom Jahr 2017 an begleitet. Annette Maucher sieht das Siegel als Grundlage für die nächste Zeit und plant, in drei Jahren in die Verlängerung zu gehen.

Bereits vor ihrer neuen Stelle leitete die Mutter von zwei Jungs eine Bücherei. Diese ist in Schwaikheim (Rems-Murr-Kreis) und halb so groß wie die Gerlinger. Zu Mauchers Aufgaben gehörte, Abläufe zu definieren und die Bibliothek durch noch mehr Veranstaltungen bekannt zu machen. Eine Bücherei sei grundsätzlich kein Elfenbeinturm. „Sie muss ein sozialer und lebendiger Treffpunkt mit vielfältigen Angeboten sein.“

Studium war „geniale Entscheidung“

Was Veranstaltungen angeht, stehe die Bücherei in Gerlingen gut da, sagt Annette Maucher. Sie wird nun schauen, wo sie was verstärken kann. Eine Veranstaltung hat die Leiterin bereits organisiert: Ende September bringt die Stuttgarter Autorin Elisabeth Kabatek ihren neuen Roman „Ein Cottage in Cornwall“ heraus – den sie im Oktober im Strohgäu vorstellt.

Auch Annette Maucher liebt Bücher, klar. Ebenso Hörbücher und Gesellschaftsspiele. Beruflich habe sie immer unbedingt etwas mit dem Medium Buch machen wollen. „Ich mag auch Menschen, die sich mit Büchern beschäftigen“, sagt Annette Maucher. Jene kämen freiwillig, mit Freude in die Bücherei. In Stuttgart Bibliothekswesen zu studieren, sei eine „geniale Entscheidung“ gewesen. Erst später habe sie festgestellt, wie breit angelegt das Bibliothekswesen sei.

Zahlreiche Stationen hinter sich

Ehe sie in Gerlingen landete, hat Annette Maucher bei einer Reihe von Stationen Halt gemacht. Sie baute in der hessischen Stadt Nidda in einem Fachwerkhaus eine kleine ehrenamtlich geführte Bücherei auf, leistete in der Kinderpause Vortragsarbeit im Kinder- und Jugendbereich, machte in Kornwestheim die CD-Rom ausleihfähig, jobbte in einer Ditzinger Buchhandlung, arbeitete in Korntal-Münchingen als Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste. „Ich finde es sehr wertvoll, dass ich verschiedene Seiten kennengelernt habe“, sagt Annette Maucher.

Die Arbeit der Bibliotheken wird auf Herz und Nieren geprüft

Das Siegel
 Bundesweit sind 27 Bibliotheken als „Ausgezeichnete Bibliothek“ zertifiziert – kommunale und öffentliche ebenso wie wissenschaftliche in Universitäten und Hochschulen. „Ausgezeichnete Bibliothek“ ist ein Leitkonzept für das (Qualitäts-)Management einer Bibliothek. In neun Themenfeldern wird ihre Arbeit geprüft. Dabei geht es zum Beispiel um Führungsqualität, Strategie, Personalmanagement, Arbeitsabläufe und die erzielten Arbeitsergebnisse. In allen Bereichen muss die Bibliothek eine hohe Qualität nachweisen.

Die Entwickler
Das Projekt wird getragen vom Institut für Qualitätsmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule der Medien Stuttgart. Es entwickelt seit dem Jahr 2006 das Konzept und ist für die Auditierung und Zertifizierung der Bibliotheken verantwortlich. Der Titel wird für drei Jahre verliehen, danach ist eine erneute Zertifizierung nötig. Die „Ausgezeichnete Bibliothek“ basiert auf international anerkannten Qualitätsmanagementsystemen. Damit stellen sich die Bibliotheken denselben Anforderungen wie Wirtschaftsunternehmen und Betriebe des öffentlichen Sektors.