Eines von zwölf Szenarien, die Andrea Paluchs Buch „Die besten Weltuntergänge“ aufzeigt: die Menschen sind ausgestorben, die Natur breitet sich ungehindert aus. Foto: Annabelle von Sperber/Klett-Kinderbuch

Müssen wir uns irgendwann auf Raumschiffe retten? Wie sehen die Städte der Zukunft aus? Wir stellen zwei Kinderbücher vor, die überraschende Perspektiven bieten.

Leipzig/München - Klimakrise, Umweltverschmutzung, Artensterben, Pandemie, soziale Schere, Unruhen: das Vokabular, das unser Zusammenleben prägt, kann Angst machen – vor allem jungen Menschen. Bereits Grundschüler kennen es. Da verwundert es kaum, wenn auch die für sie gemachten Bücher schwierige Themen aufgreifen. Zwei davon stellen wir vor, weil es ihnen gelingt, Perspektiven in eine bessere Zukunft zu öffnen: Sowohl „Die besten Weltuntergänge“ als auch „Fatimas fantastische Reise in eine Welt ohne Erdöl“ zeigen, dass auch der Blick auf schwierige Situationen nur eine Momentaufnahme in einem Prozess ist, den jeder positiv beeinflussen kann.

Die Luft dünn, der Boden hart: 12 Zukunftsszenarien

Zwölf aufregende Zukunftsbilder versammelt das Weltuntergangsbuch aus dem Klett-Kinderbuch-Verlag. Ob katastrophal oder hoffnungsfroh stellt jedes die Frage neu: Was wird aus uns? Wie wollen wir leben? „Das Buch soll den Wahrnehmungshorizont und die Kreativität vergrößern“, sagte dessen Autorin Andrea Paluch in einem Radio-Interview; Paluch hat mit ihrem Mann Robert Habeck bereits viele Bücher für Kinder veröffentlicht. „Die besten Weltuntergänge“ hat sie gemeinsam mit der Illustratorin Annabell von Sperber umgesetzt, deren Bilder echte Hingucker sind: Werden wir nur noch mit Sauerstoffhelmen in einer Welt unterwegs sein können, in der die Luft dünn geworden ist und in der Nahrungsmittel in riesigen Glas-Biosphären angebaut werden? Werden wir nach der großen Flut auf Bergen und Booten leben und uns vor allem von Meeresfrüchten ernähren?

Lesen Sie aus unserem Angebot: Kinderbücher zeigen Bauernhoftiere als Held und Opfer

Jeweils doppelseitige Bilder stellen ein Szenario vor, das nach einem wie immer gearteten Weltuntergang möglich sein könnte. Andrea Paluchs Texte führen den Blick sachlich durch diese Bildwelten – und lenken ihn auch auf nicht Offensichtliches: auf den Boden, der in einem Zeitalter der Dürre und des Dursts, zu hart für Landwirtschaft ist; auf Grenzzäune, die gesäumt von den Leichen der Verdursteten sind. Darf man Kindern solche Schreckensbilder ausmalen? Welten also, in denen Sonnenstrahlen tödlich sind oder Menschen überhaupt nicht mehr vorkommen? In Text und Bild macht dieses Buch immer deutlich, dass es für Leser und Leserinnen gemacht ist, die diese Welt lieben und aus seinem Stoff Visionen für ein besseres Zusammenleben machen.

Die Reiseleiterin heißt Fatima

Aus diesem Impuls heraus hat auch der Illustrator Jakob Winkler eine als Wimmelbuch verkleidete Kulturgeschichte des Erdöls gestaltet. Ein Wort von Aristoteles ist ihm vorangestellt, das die Richtung weist: „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Die Fähigkeit Feuer zu machen, sei wohl neben der Sprache, „ einer der größten Meilensteine in der Menschheitsgeschichte“, begrüßt das Mädchen Fatima, das die Reiseführerin der jungen Leser sein wird.

Zeitreise zu Urknall und Ursuppe

„Fatimas fantastische Reise in eine Welt ohne Erdöl“ beginnt als Zeitreise – zurück zum Urknall und den Bausteinen unserer Welt erfährt man, welche Energie das Leben auf unserem Planeten antreibt und wie das Erdöl entstanden ist. Im Vogelflug geht es weiter über die Ursuppe, über brodelnde Vulkane und über das, was sich da im Untergrund ablagert. Industrialisierung, lange Autostaus in vielschichtigen Megapolen, an deren Rändern Kraftwerke qualmen: Jakob Winklers bietet nicht nur eine Fülle an Sachwissen, sondern auch jede Menge Anschauungsmaterial.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Mit dem Jugendbuchpreis ausgezeichnete Bücher 2021

„Weiter so... oder die Weichen neu stellen?“, lautet dann die Frage Fatimas über einem Bild, das dem Grün und der Natur mehr Raum gibt. „Menschen sind Gewohnheitstiere. Sie lieben ihre Routinen und ihre Traditionen“, stellt Fatima fest und macht doch Hoffnung: „Sie wehren sich oft gegen Veränderungen. Für Einzelne können Veränderungen oft schwierig sein. Damit sich Gewohnheiten ändern, braucht es daher manchmal größere Einflüsse von außen.“ Wie eine Stadt ohne Autos, eine auf nachhaltige Energie setzende Industrie, eine auf alle Lebensbereiche angewandte Kreislaufwirtschaft aussehen könnte, malt Winkler detailreich aus. Ob Fotovoltaik, Piezoelektrizität, Rebound-Effekt oder vertikale Bauernhöfe: aus dieser Lektüre geht jeder schlauer hervor – und mit dem Wissen, dass die Politik Vorgaben machen muss, aber es auf jeden einzelnen ankommt. Denn auch Regen besteht aus lauter winzigen Tröpfchen.

Infos zu den beiden Büchern

Bilderbuch
Andrea Paluch, Annabelle von Sperber (Illustr.): Die besten Weltuntergänge. Verlag Klett Kinderbuch. 32 Seiten. 16 Euro. Ab 8

Wimmelbuch
Jakob Winkler: Fatimas fantastische Reise in eine Welt ohne Erdöl. Knesebeck-Verlag. 56 Seiten. 24 Euro. Ab 8