Glänzende Oberflächen und abgründige Tiefen: In Rachel Kushners „See der Schöpfung“ vereinigen sich Agententhriller und philosophischer Roman zu einer atemberaubenden Gegengeschichte der Menschheit.
Man erlebt gerade, wie Politiker mit ungünstiger Sozialprognose durchstarten, als säße der Todestrieb persönlich am Steuer. Aber vielleicht fing das ganze Schlamassel ja schon viel früher an. Klimawandel, Artensterben, Kriege, Superreichtum für die einen, bittere Armut für den Rest – vielleicht wurden die Weichen dafür nicht erst im sogenannten Anthropozän gestellt, seit der Mensch begann, Treibhausgase in die Luft zu blasen, der Natur seinen Stempel aufzudrücken und den Himmel mit Satelliten zu bestirnen. Nein, noch viel früher: In einer Zeit vor aller Zeitrechnung, in der es dem windigen, schlauen Homo sapiens gelang, seinen Verwandten, den Neandertaler, langfristig mit Errungenschaften wie Landwirtschaft, Geldwesen und Industrie über den Tisch zu ziehen.