Maaza Mengiste war mit ihrem Roman für den Booker Preis nominiert. Foto: Nina Subin

Von der Wucht eines antiken Epos: Maaza Mengiste erzählt in ihrem Roman „Der Schattenkönig“ vom Widerstand mutiger Äthiopierinnen gegen die brutale Gewalt der einstigen italienischen Kolonialmacht.

Stuttgart - Alles hängt an der Erinnerung. Vor einigen Jahren hat die italienische Autorin Francesca Melandri in ihrem Roman „Alle, außer mir“ ein Kapitel der verdrängten Kolonialgeschichte ihres Landes aufgeblättert. In den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts fielen die Soldaten des faschistischen Diktators Benito Mussolini in Äthiopien ein, um in einem erbarmungslosen Eroberungskrieg das Römische Imperium wiederzuerrichten. Hunderttausende Äthiopier fielen Kriegsverbrechen zum Opfer, starben einen furchtbaren Tod bei Giftgasangriffen oder wurden in Konzentrationslagern ermordet. Melandri rechnet mit der kollektiven Amnesie eines Landes ab, in dem gerade wieder eine neofaschistische Partei die Schlächter von einst als Kriegshelden feiert – und gleichwohl beste Chancen hat, in die nächste Regierung einzuziehen.