Das Olympiastadion von Günter Behnisch und Frei Otto in München ist mit einem luftigen Zeltdach überzogen, Illustration von Pamela Baron aus dem Buch „Architektur. 25 moderne Bauwerke aus aller Welt“. Foto: Prestel Verlag /Pamela Baron

Ein Kinderbuch über Architektur voller zauberhafter Illustration stellt ein Haus auf einem Wasserfall vor und einen Wohnturm, der wie ein verwunschner Garten wirkt. Und so lernt der Nachwuchs ganz nebenbei etwas über aktuelle Themen der Architektur.

Was haben eine Damenstrumpfhose und ein paar Schaschlikstäbchen mit dem Olympiastadion in München zu tun? Das erklärt Annette Roeder in ihrem BuchArchitektur. 25 moderne Bauwerke aus aller Welt“.

Dieses bei Prestel erschienene Werk ist eigentlich für Kinder gedacht – dass es aber auch Erwachsenen Spaß macht, darin zu blättern und zu lesen, das liegt zum einen an den detaillierten und liebevollen Illustrationen von Pamela Baron, zum anderen an den zwar einfachen, aber sehr kenntnisreichen und anschaulichen Texten der Autorin.

Die Architektin und Illustratorin beherrscht die Kunst, den Kern eines Bauwerks zu erfassen und es pointiert, spannend und kindgerecht zu beschreiben. Zugleich schafft sie es, mit ihren Beispielen wichtige aktuelle Themen der Architektur den Kindern näherzubringen.

Sei es Bauen im Bestand (etwa Elbphilharmonie), sei es der Umgang mit begrenzten Ressourcen (etwa Lycee Schorge) oder der Klimawandel (Tree House). Kurz gesagt: Das Buch zeigt Kindern, wie Architektur den Menschen, die sie beherbergt, helfen kann.

Das Haus auf dem Wasserfall und die Müllverbrennungsanlage als Skipiste

Privathäuser finden sich hier, außerdem Notunterkünfte, Märkte und Schulen, Opernhäuser sowie Fabriken, Museen und Bibliotheken, darunter berühmte und weniger bekannte Architektur aus aller Welt.

Jedes Gebäude wird auf einer Doppelseite präsentiert. Da ist etwa das Haus, das nicht neben, sondern auf einem Wasserfall gebaut wurde (Fallingwater von Frank Lloyd Wright). Da ist die Müllverbrennungsanlage, die Ganzjahres-Skipiste, Kletterwand und Aussichtsplattform zugleich ist (CopenHill).

Mit einer Kletterausrüstung kann man über die Zeltdächer wandern

Da ist die Notunterkunft, die wie ein Umzugskarton funktioniert. Da ist der Wohnturm, der wie ein verwunschener Garten ist (Tree House). Und da ist eine Galerie wie eine Tropfsteinhöhle (Amdavad ni Gufa).

Besonders schön sind die Tipps, das Profiwissen und die Anregungen zum Nachdenken auf der jeweiligen Doppelseite. Beim SESC Pompeia, erdacht von der Architektin Lina Bo Bardi, wirft die Autorin die Frage auf, warum man früher dachte, dass Frauen nicht für den Beruf des Architekten geeignet wären.

Beim Sharp Center for Design in Kanada von Aslop Architekten fordert Roeder die Kinder auf, Papier und Farben zu nehmen und ohne Plan draufloszumalen: „Kann das, was da entsteht, zur Grundlage für ein Haus werden wie bei Will Alsop?“ Am Ende des Buches finden sich zudem eine Zeitleiste sowie Informationen zu den Architektinnen und Architekten.

Was hat es nun mit der Damenstrumpfhose, den Schaschlikstäbchen und dem Olympiastadion auf sich? Wer das Buch kaufen und sich überraschen lassen möchte, sollte nun aufhören zu lesen. Für alle anderen sei der „Krimi“, wie Roeder die Geschichte der Entstehung des Stadions nennt, kurz nacherzählt: Für die Olympischen Spiele 1972 wurde ein Wettbewerb für ein Stadion ausgeschrieben.

Auch das Büro von Günter Behnisch in Stuttgart nahm daran teil. „Kurz vor der Abgabe hatte ein Mitarbeiter die Idee, die bereits geplanten Hallen und das Stadion mit einem einzigen luftigen Zeltdach zu überziehen“, angelehnt an Bauten von Frei Otto. „Mit einer Damenstrumpfhose und einigen Schaschlikstäbchen wurde schnell noch das Modell gebastelt.“

Roeders Tipp: „Mit einer Kletterausrüstung ausgestattet kannst du über die Zeltdächer wandern. Runter geht es dann mittels einer Seilrutsche!“ Das nennt man erlebte Architektur.

Info

Das Buch
Annette Roeder: Architektur. 25 moderne Bauwerke aus aller Welt. Mit Illustrationen von Pamela Baron. 63 Seiten. Prestel-Verlag, München. 24 Euro.