Unbehandelte Schindelfassade, viel Grün: Öko-Plusenergiehaus im Kanton St. Gallen (Schweiz). Foto: Prestel/Thomas Drexel

Ökologisch, aber undogmatisch: Der Architekturkenner Thomas Drexel veranschaulicht in seinem neuen Buch, wie eindrucksvoll und attraktiv nachhaltig gebaute und sanierte Wohnhäuser sein können.

Nachhaltigkeit ist mittlerweile einer der meiststrapazierten Begriffe. Alles will heutzutage nachhaltig sein: die Integrationspolitik genauso wie die Urlaubsreise auf dem Kreuzfahrtschiff oder auch der Kaffeepappbecher, dessen Papierfasern aus – jetzt kommt‘s – „nachhaltiger“ Forstwirtschaft stammen.

 

In der Architektur wurde in der jüngsten Vergangenheit die inflationäre Verwendung des Begriffs zudem noch unnötig eingeengt. Nachhaltigkeit, das war so viel wie Dämmen und der Austausch der alten Fenster nach dem Besuch des Energieberaters. Das hat auch mit der zum Teil verkorksten politischen Debatte rund um die Wärmewände zu tun. Dass nachhaltige Architektur wesentlich komplexer und – bei erfolgreicher Umsetzung – sehr oft auch beglückender sein kann, veranschaulicht Thomas Drexel in seinem Buch „Nachhaltige Häuser“.

Architekten müssen gemeinsam mit ihren Bauherrschaften angesichts der klimapolitischen Ziele nicht nur energieeffiziente Lösungen finden, sondern vor allem auch so planen, dass das Ergebnis ästhetisch überzeugt. Nur diese Bauten können und werden länger halten als andere, und genau das wäre auch die ursprüngliche zeitliche Dimension des Begriffes Nachhaltigkeit: Langlebigkeit.

Passivhäuser und sanierte Bauernhöfe

Der renommierte Autor zahlloser Architekturpublikationen versammelt 25 beispielhafte Bauten aus dem deutschsprachigen Raum. Er erklärt plausibel, worin jeweils die Bauaufgabe bestand und weshalb das Ergebnis nun ein nachhaltiges ist. Es finden sich in dem Band Passivhäuser, Plusenergiehäuser sowie energetisch optimierte Altbauten, Einfamilienhäuser genauso wie große Mehrparteienhäuser, Bungalows aus den 60er Jahren wie Bauernhöfe aus früheren Jahrhunderten.

Dass die Fotos eindrücklich sind, versteht sich eigentlich von selbst: Thomas Drexel, der die meisten Bilder gemacht hat, ist nicht nur ein verständlicher Schreiber, er ist überdies ein vorzüglicher Architekturfotograf. Sein Blick wie auch sein Interesse ist schließlich nicht nur auf die technischen Komponenten gerichtet, also etwa auf Photovoltaikanlagen und intelligente Heizungssysteme, die den Charakter eines Baus und das Verhalten seiner Nutzer prägen und mitbestimmen.

Nein, Drexel betont stets den Sinn und Wert der (wieder-)verwendeten Baustoffe. Bei einem 80-Quadratmeter-Einfamilienhaus in der Eifel ist die Flächenversiegelung ohnehin vergleichsweise klein; noch besser ist es freilich bloß, wenn man für die Fassade regionalen Weibener Tuffstein einsetzt und für die Terrassenplatten Meidener Lavabasalt verbaut hat, weil der auch aus der Gegend stammt. So wird das Kompendium zu einem wirklich empfehlenswerten Nachhilfekurs in Materialkunde. Und man bekommt ganz nebenbei Lust auf noch mehr nachhaltige Architektur, die undogmatisch und pragmatisch ist.

Info zum Buch

Thomas Drexel
Nachhaltige Häuser. Energieeffizient, ökologisch, zukunftsfähig. Prestel Verlag, 192 Seiten, 220 Farbabbildungen, 38 Euro.