Im Kampf gegen die Konkurrenz setzt die Buchbranche auf kleinere Flächen, kompetente Beratung und Veranstaltungen wie Räuchern. Foto: dpa

Obwohl die Händler 2014 weniger Bücher verkauft haben als im Vorjahr, blicken sie optimistisch in die Zukunft. Auch wenn sie dem Kunden mehr bieten müssen als Regale voller Bücher. Strategien fürs Überleben gibt es viele.

Stuttgart - Sachbücher kaufen Kunden im Buchladen oft, Ratgeber und Reiseliteratur auch. In diesen Segmenten sind die Umsätze 2014 weiter gestiegen. Die Belletristik hinkt hinterher. Nach einem guten Jahr 2012 dank des Erfolgs der Trilogie „50 Shades of Grey“ geht der Umsatz zurück.

Ein fehlender Bestseller ist aber das geringste Problem der Buchhändler. Sie kämpfen gegen die Konkurrenz aus dem Internet, gegen Ketten mit Hunderten Filialen – und dann sind da noch die digitalen Bücher, die man sich mit einem Klick auf Tablets oder E-Reader herunterlädt. E-Books sind 20 Prozent günstiger als die gedruckte Version.

Im Jahr 2014 schrumpfte der Umsatz des stationären Buchhandels im Vergleich zum Vorjahr um 1,2 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Der gesamte Publikumsmarkt, der zusätzlich den Bahnhofsbuchhandel, E-Commerce und Kaufhäuser umfasst, verlor 2,1 Prozent. Das ist für die Buchhändler jedoch kein Grund schwarzzusehen.

"Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden"

„Die Lage des stationären Buchhandels hat sich stabilisiert“, sagt Heinrich Riethmüller, Vorsteher im Börsenverein des Deutschen Buchhandels und Geschäftsführer der Tübinger Buchhandlung Osiander. Bis zum Aufschwung 2013 habe der Handel jährlich drei bis vier Prozent verloren. Seitdem profitiert er vom schlechten Image des Internetgiganten Amazon – etwa wegen der umstrittenen Arbeitsbedingungen.

Riethmüller stellt eine „Rückbesinnung auf die klassischen Tugenden des Sortimentbuchhandels“ fest. Rainer Bartle, Geschäftsführer des Stuttgarter Buchhauses Wittwer, sagt: „Der Kunde hat gemerkt, dass jeder Euro für Amazon seiner Stadt schadet. Er will dort keine leeren Geschäfte.“ Bartle ist davon überzeugt, dass diejenigen Buchhandlungen überleben, die den Kunden etwas bieten.

Doch wie sieht er aus, der Buchladen, in dem Menschen gern kaufen? Fakt ist: Der angekratzte Ruf von Amazon lässt nicht automatisch die Kassen klingeln. „Der Kunde ist anspruchsvoller geworden. Man muss mehr in ihn investieren“, sagt Riethmüller. Aus seiner Sicht beginnt das bei der Gestaltung des Ladens mit einer ansprechenden Dekoration oder einem angenehmen Licht.

Weniger Verkaufsfläche, mehr kompetentes Personal

Der Trend geht zu weniger Verkaufsfläche und mehr kompetentem Personal. Händler verkaufen vor Ort nicht mehr die gesamte Welt des Buchs. „Das hat der Internethandel übernommen. Im Zeitalter der Digitalisierung ist es nicht mehr haltbar, Mitarbeiter durch Fläche zu ersetzen“, sagt Riethmüller.

Kleinere Flächen sind Teil des neuen Konzepts von Hugendubel. Das Münchner Familienunternehmen begründet damit auch die Schließung der 4000 Quadratmeter großen Filiale in der Stuttgarter Königstraße im April.

„Im Buchladen wollen die Kunden die beste Auswahl finden“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Nina Hugendubel. Man verkleinere aber nicht alle Filialen. „Unsere Buchhändler haben heute wieder mehr Zeit für die Kunden. Sie können sich deshalb mehr auf die inhaltliche Beratung konzentrieren.“ Ersatz für die Filiale in der Königstraße sucht Hugendubel noch.

Läden als Ort der Begegnung

Cafés, Lesungen oder Mitarbeiter-Tipps sind Standard vieler Buchläden. Die Kundennähe ist eine Stärke. Die Läden werden so zum Ort der Begegnung. Riethmüller: „Buchläden können kultureller Mittelpunkt einer Stadt sein und so Kunden halten.“

Laut Buchmarktexperte Holger Ehling tut der Handel immer gut daran, wenn er sich in das kulturelle Leben seiner Stadt einbringt. Beispiel Aigner in Ludwigsburg: Auch in diesem Jahr beteiligt sich die Buchhandlung an den Ludwigsburger Kriminächten.

Bei Veranstaltungen unterstützen Verlage die Buchhändler zunehmend. Autoren des Stuttgarter Frechverlags häkeln oder basteln mit Lesern. „Die Nachfrage steigt jedes Jahr“, sagt Anita Bauer. Der Kosmos-Verlag gibt Kurse im Räuchern. „Viele Buchhändler finden es hilfreich, dass wir uns Aktionen wie diese überlegen. Die besondere Note der Veranstaltungen kommt bei den Kunden sehr gut an“, sagt Silke Ruoff.

Gleichwohl schauen die Buchhändler auf ihr Budget. Nicht jeder kann oder will sich das Autorenhonorar von 250 bis 350 Euro leisten. Osiander gibt im Jahr einen höheren fünfstelligen Betrag allein für Veranstaltungen aus.

Weitere Buchläden werden verschwinden

Wittwer setzt zudem auf Radiowerbung und Shop-in-Shop-Partnerschaften: Das Buchhaus überlässt Ravensburger in der Filiale am Stuttgarter Schlossplatz eine Fläche, auf der das Unternehmen seine Bücher und Spiele präsentiert. Im Gegenzug profitiert die Buchhandlung von der bekannten Marke, wenn neugierige Kunden kommen. Und eine neue Lounge soll eine Verweilzone sein, in der Kunden ungestört lesen können, aber auch ein Veranstaltungsort.

Grundsätzlich sollte der Buchhandel laut Experten das Internetgeschäft nicht vernachlässigen. Kunden bestellen gern ein Buch im Online-Shop und holen es vor Ort ab. „Wer einen größeren Markt abdecken will, muss auch im Internet präsent sein. Der Kunde nutzt alle Kanäle“, sagt Riethmüller. „Ein Online-Shop ist bestenfalls wie der Laden eingerichtet: liebevoll und aktuell. Zudem bieten die Shops auch E-Books an.“

Experten vermuten, dass die Zahl der bundesweit 6000 Buchläden in den nächsten zehn Jahren weiter sinkt. Um ein Viertel, schätzt Riethmüller. Osiander wächst dennoch. Im Juni öffnet eine Filiale in Lörrach. „Wir würden nicht expandieren, wenn wir nicht an den Buchmarkt glauben würden.“