Der einst prächtige Friedrichsbau als Ruine. Foto: privat

Jörg Trüdinger hat aus bisher unveröffentlichten Fotos der zerstörten Stadt ein Buch gemacht.

S-Ost - Das Buch hat ein großes Format, ist gebunden und nicht allzu dick. Innen sind auf 24 Fotoseiten Bilder gedruckt, die noch nie veröffentlicht wurden. Sie zeigen Stuttgart kurz nach dem Krieg. Drei Viertel aller Gebäude im Innenstadtbereich waren zerstört oder unbewohnbar: Am Friedrichsplatz stand nur noch ein einziges Gebäude und auch das war schwer beschädigt; in der Schulstraße türmten sich die Trümmerberge; in der Hospitalstraße wurde der Kriegsschutt mit sogenannten Trümmerbahnen beseitigt, das waren kleine Feldeisenbahnen mit schmalen Gleisen, die man schnell auf- und auch wieder abbauen konnte; der einst prachtvolle Friedrichsbau ist zerstört.

Die Fotos hat Jörg Trüdinger, der Sprecher der Flohmarkthändler und Inhaber des Geschäftes Such & Find in der Mozartstraße im Heusteigviertel ist, bei einem Händlerkollegen auf dem Karlsplatz entdeckt und sie ihm abgekauft. Jener Händler wiederum hatte die Bilder aus einer Haushaltsauflösung. Hätte der Mann nicht so genau nachgeschaut, die Bilder wären auf dem Müll gelandet.

Anfangs nur 11 Exemplare

Trüdinger, der in der Hackstraße in Stuttgart-Ost lebt und auch Sprecher der SPD-Bezirksbeiratsfraktion ist, sagt: „Als Sammler und an der Geschichte der Stadt Interessierter möchte man gerne auch anderen Menschen zugänglich machen, was man so alles hat.“ Und weil die Bilder so außergewöhnlich sind, beschloss er, daraus ein kleines Buch zu machen. Da die Herstellung solcher Bücher aber teuer ist und er auch nicht mit riesigem Interesse rechnete, ließ er nur elf nummerierte Exemplare drucken und bot sie in seinem Geschäft für stolze 50 Euro an. „Die Nachfrage war wesentlich größer als erwartet“, sagt Trüdinger. Nach wenigen Tagen waren alle Exemplare weg.

Der Händler, der selbst alles Interessante aus und über Stuttgart sammelt, hat einige Zeit hin und her überlegt, ob er eine Neuauflage wagen soll. „Die große Anzahl an Baustellen in Stuttgart hinterlässt bei vielen Menschen meines Erachtens eine gewisse Unsicherheit und sie versuchen, diese Sicherheit in der vergangenen Zeit zu suchen“, mutmaßt er über die Motive seiner Käuferinnen und Käufer. Er sei auch schon aufgefordert worden, das Thema mit einem Buch über den Wiederaufbau fortzusetzen. Trüdinger: „Das würde ich gerne machen, habe aber noch nicht genug Fotos.“ Die Entscheidung ist erst vor wenigen Tagen gefallen: Ja, es gibt eine zweite Auflage, diesmal sind die Bücher nicht nummeriert. Seit wenigen Tagen sind die Bücher bei Such & Find wieder erhältlich.

Wer sich vor allem für die Fotos aus dem Buch interessiert, kann 15 von ihnen im DIN-A 4-Format im Restaurant Landhaus im Park der Villa Berg anschauen. Die Bilder werden dort noch bis mindestens Ende Juni gezeigt. Und wer selbst alte Aufnahmen von Stuttgart aus der Zeit nach dem Krieg hat, kann sich bei Jörg Trüdinger melden (E-Mail: joerg.truedinger@freenet.de).