Der "schöne Bruno" interviewt vor dem Breuninger VfB-Fans, die auf die Autogrammstunde warten.

 Foto: StN/Thomas Wagner

Nach Model, Sänger, Charmeur und Kraftmeier ist Bruno Stickroth (74) nun Videostar im Netz.

Stuttgart - Er macht eine gute Figur. Natürlich. Das kann er perfekt. Bruno Stickroth schnitt Elvis Presley die Haare, drehte Filme in der Türkei, war Model und beinahe der Camel-Cowboy. Ihm ist kaum etwas fremd. Nun probiert er mit 74 etwas Neues und plaudert über den VfB im Online-Auftritt der Stuttgarter Nachrichten.

Am Vornamen kann man sie erkennen: die wirklich Berühmten. Wer spricht von Beckenbauer? Kaiser Franz heißt der Mann. Harald Schmidt wurde als die schärftste Schwertgosch im Fernsehen zu Dirty Harry, und über Elvis müssen wir kein Wort verlieren. Tja, und da wäre noch der schöne Bruno. Da weiß in Stuttgart jeder, wer gemeint ist. Bruno Stickroth, Model, Sänger, Schauspieler, Selbstdarsteller, Friseur, Charmeur - und jetzt auch Fußballexperte und Videostar. Unter dem Titel "Bruno sieht Rot" gibt er jede Woche seine Meinung zum VfB zum Besten. In kurzen Videos, die man auf der Webseite der Stuttgarter Nachrichten anschauen kann.

"Wer hat ein Taxi bestellt? Der Mann heißt Tasci"

Am Montag steht er vor dem Kaufhaus Breuninger. Es ist 16 Uhr. In einer Stunde kommt die Mannschaft und gibt Autogramme. Er hat das Mikro in der Hand, spricht sich warm. Das Team Jens Kilian, Moritz Rudolph und Max Gräber filmt und nimmt den Ton auf. "Nach dem 3:0-Sieg ist beim VfB eitel Sonnenschein", beginnt Stickroth seine Ansage. "Ich höre mich bei euch Fans um, wer der Spieler des Tages ist." Es holpert noch. Auch die Torschützen Okazaki, Kuzmanovic und Tasci kommen ihm nicht fehlerfrei über die Lippen. "Taxi", sagt er. "Wer hat ein Taxi bestellt? Der Mann heißt Tasci", bruddelt er. Unverdrossen feilt Stickroth an seinen Sätzen. Vier Stunden drehen sie für eine Folge von vier Minuten.

Auch wenn die Sonne vom Himmel sticht - er macht eine gute Figur. Wie immer. Als Bub wuchs Stickroth im Westen auf, lernte bei einem Buchbinder, warf aber die Brocken hin, weil er von einer Karriere als Sänger träumte. Er war ein Hymnus-Chorknabe und gewann mit 17 bei einem Gesangswettbewerb im Hindenburgbau. Polydor lockte mit einem Plattenvertrag, doch der Vater war der Meinung, der Bub solle was Gscheites lernen, und unterschrieb den Vertrag nicht. "Stell dir vor, ich wäre der Roy Black geworden." Der schönere Roy Black natürlich.

"Im weißen Anzug mit rotem Futter und weißen Schuhen"

Er wurde ein schöner Friseur. Und ein fescher Soldat. 1958 rückte er ein. "Im weißen Anzug mit rotem Futter und weißen Schuhen", erinnert er sich. "Und meine Haare hatte ich blauschwarz gefärbt, weil ich Tony Curtis so zum Verwechseln ähnlich sah." Und während die Kameraden soffen, legte sich Stickroth unter seine Höhensonne. Eines Abends kam ein amerikanischer GI vorbei, der den Doppelgänger von Tony Curtis sehen wollte. Elvis Presley. "Wir hingen eine Woche zusammen rum, ich habe ihm die Haare geschnitten, und wir haben Wodka-Bitter-Lemon getrunken."

Er kann mit Menschen. Ob mit Elvis oder mit Noam und Konstantin. Die beiden Zehnjährigen stehen in der Schlange, sind zunächst etwas schüchtern, doch Bruno Stickroth nimmt ihnen schnell ihre Befangenheit. Auch die 82-jährige Elfriede Nachtrieb plaudert mit dem schönen Bruno. Fast drei Stunden wartet sie schon auf die Spieler und lässt sich gerne vom Charmeur einwickeln. Als er fragt: "Wie lange sind Sie schon VfB-Fan?", ruft's aus der Menge: "Seit du den Elvis frisiert hast!"

"Dann schauen die Muskeln größer aus"

Man kennt ihn. Aber er hat nicht nur Elvis frisiert. Als junger Kerl hat sich Stickroth aufgepumpt, in der Muckibude Eisen gefressen. Mister Stuttgart war er, Mister Baden-Württemberg, und bei einem Wettkampf in Essen hat er Arnold Schwarzenegger die Haare geschnitten. Kurz, ganz kurz, verlangte der spätere Mister Universum und Gouverneur von Kalifornien, "dann schauen die Muskeln größer aus". Sich darzustellen, das liebt Stickroth. Man merkt es, wie er seine Geschichten erzählt. Wie die aus der Türkei, als er mit blond gefärbten Haaren als Bruno Hakan 20 Filme gedreht hat. Oder als er sich wie "Django" ausstaffierte und der Cowboy für die Camel-Werbung werden wollte. "I gang meilaweit für a Camel", sprach er in die Kamera. Viel Rauch um nichts. Ein anderer ritt für die Zigaretten.

Doch auch so war er beschäftigt. Als Friseur. Als Model. Und gesungen hat er immer. Das ist seine große Liebe. Neben seiner Frau Bärbel. Und dem VfB. "Schmid, Retter, Steimle, Otterbach, Ledl, Barufka, Läpple, Schlienz, Bühler, Baitinger, Blessing" rattert er herunter. Die Meistermannschaft von 1950. "Wir hatten einen Lehrer, der hat uns die Mannschaft auswendig lernen lassen." Und weil Sohn Thomas einst auch als Profi kickte, kennt er sich aus in der Branche.

"Warum nicht mit Bruno Stickroth?"

Als Bruno Labbadia im November 2010 als Trainer nach Stuttgart kam, auch einer mit braunem Teint und schicken Anzügen, der der "schöne Bruno" genannt wird, fiel Online-Redakteur Henrik Lerch ein: Da gibt's in Stuttgart bereits einen! Er brachte die beiden Brunos zusammen, interviewte sie. Und fand es sehr unterhaltsam. "Wir haben schon lange wegen einer Videogeschichte mit dem VfB rumgesponnen", sagt Lerch, "und da haben wir uns gedacht: Warum nicht mit Bruno Stickroth?" Gesagt, getan. "Nicht bierernst, aber auch nicht albern." Und immer mit dem schönen Bruno. Dem Original. "Das ist mein Spitzname, den nehm' ich mit ins Grab", sagt Stickroth. Immer eine gute Figur. Bis zum Schluss.

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