Silke Müller-Zimmermann und Jürgen Brosius bauen den Verkaufsstand ihres Brunnomobils in Cottenweiler auf. Foto: Gottfried Stoppel

Unverpackte Ware, zum Großteil aus der Region, gehört zum Angebot des Brunnomobils. Der fahrende Tante-Emma-Laden ist Teil eines Klimaschutzprojekts in Weissach.

Weissach im Tal - Immer mittwochs ist Brunnomobil-Tag. Nachmittags gegen halb fünf beladen Silke Müller-Zimmermann und Jürgen Brosius in Unterweissach den gelben Kastenwagen, der seit kurzem einmal pro Woche die Ortsteile der Gemeinde Weissach anfährt. An Bord hat der fahrende Unverpackt-Laden Kisten, in denen sich Orangen, Mangos und Avocados stapeln. Alles Ware, die vom Winnender Fair-Trade-Projekt Pois Portugal geliefert wird. „Wir haben viel angerichtet in der Welt“, sagt Silke Müller-Zimmermann, „damit können wir ein bisschen was ausgleichen.“

Außerdem im Sortiment: Kaffee, Nudeln und Bier – Produkte, die in der näheren Umgebung hergestellt oder zumindest verarbeitet worden sind. Denn das Brunnomobil, das an mehreren Dorfbrunnen hält, dient nicht nur zur Nahversorgung, sondern ist auch ein Projekt, das einen Beitrag für die Umwelt und das Klima leisten soll, etwa dank kurzer Transportwege.

Eine Portion Linsen gratis

Silke Müller-Zimmermann stellt eine große Box Waschpulver und einen Karton mit leeren Flaschen und Gläsern zum Abfüllen der Ware in den Kofferraum, dann geht es los. Ab 17 Uhr erwartet die Kundschaft das Brunnomobil in Cottenweiler. Dort angekommen, baut das Duo mit wenigen Handgriffen einen Tisch auf. Kaum steht die Ware parat, naht auch schon die erste Kundin, die wenig später mit Orangen und Nudeln von dannen zieht. Eine Portion Linsen hat ihr Silke Müller-Zimmermann gratis mitgegeben – die Hülsenfrüchte sind eine Spende. Solche Schnäppchen gibt es auch zur Erntezeit: wenn Gartenbesitzer in Zucchini, Gurken oder Tomaten fast ertrinken, bringt das Brunnomobil das, was der eine zu viel hat, zu dem, der es brauchen kann.

Ruckzuck sind 25 Minuten um – weiter geht’s nach Wattenweiler. Kaum steht das Brunnomobil in der Dorfmitte schräg gegenüber eines Kuhstalls, kommt Simon Schützle mit seinen Kindern anmarschiert. Im Kinderwagen befördert die kleine Truppe vier Pfandflaschen der Weissacher Brauerei Tälesbräu. Silke Müller-Zimmermann händigt Schützle die Bestellung von voriger Woche aus – vier Flaschen Lagerbier und zwei Weizen. „Darauf hab’ ich mich gefreut“, sagt Simon Schützle, der es nur selten zu den Öffnungszeiten in die Brauerei im Nachbarort schafft, „super, dass ihr mir das mitgebracht habt.“

Leute sollen ins Gespräch kommen

Wenige Minuten später überquert ein älterer Mann die Dorfstraße. Schwarzer Filzhut, blaue Latzhose, unter dem rechten Arm trägt er eine Kiste. „Jetzt will ich doch mal schauen, was Sie haben“, sagt er und lässt den Blick über die Ware schweifen. „Ich nehm’ Waschpulver für meine Frau mit“, sagt er dann, „machen Sie mir ein Glas voll.“ Während Silke Müller-Zimmermann das Pulver abwiegt, schüttet der Landwirt sein Herz aus. Erzählt von Spaziergängern, die ihn anpöbeln, wenn er mit dem Traktor aufs Feld fahre, berichtet von Nöten und Zwängen und dem Gefühl, als Sündenbock für die ganze Nation zu dienen. „Es gibt da viel Unwissenheit“, sagt Silke Müller-Zimmermann und nennt ein weiteres Ziel des Brunnomobils: „Die Leute sollen mehr in den Dialog kommen und die Argumente der anderen hören.“

Mit Nudeln, Orangen und Waschpulver zieht der Landwirt von dannen. Höchste Zeit, weiterzufahren. „Wir haben bewusst ein paar Fehler eingebaut“, sagt Silke Müller-Zimmermann auf dem Weg zum nächsten Halt. Etwa den, dass sie kein Biowaschpulver verkauft: „Ich will die Normalos als Kunden haben und die Leute nicht überfordern. Sie sollen sich erst an den Unverpackt-Gedanken gewöhnen.“ In Bruch hält das Brunnomobil im Schein einer Straßenlaterne. „Ich dachte, da kommt ein Riesenbus“, sagt eine Kundin – und nutzt dann die Gelegenheit für einen kleinen Schwatz.

Pünktlich um 19 Uhr rollt das Brunnomobil auf den Unterweissacher Marktplatz. Drei Kunden warten schon an der letzten Station. Orangen, Avocados und Kaffee gehen über den Tresen. „Nächste Woche gibt’s Clementinen“, kündigt Jürgen Brosius an. Silke Müller-Zimmermann nimmt Bestellungen auf, fragt nach Wünschen. Für sie habe sich mit dem Brunnomobil schon ein großer Wunsch erfüllt, berichtet eine Kundin: „Ich hab immer gedacht: anderswo gibt es Unverpackt-Läden, es wäre schön, wenn wir hier in Weissach auch so etwas hätten.“

Aktionsplan für den Klimaschutz

„Klima wandeln – prima handeln“ lautet das Motto eines vom Bundesumweltministerium mit 800 000 Euro geförderten Projekts, das seit einem Jahr in Weissach im Tal läuft und auf vier Jahre angelegt ist. Ziel dabei ist es, Ideen und Konzepte zu sammeln, die im Alltag helfen, das Bewusstsein und das Handeln in Bezug auf den Klimaschutz insbesondere im ländlichen Raum zu verändern. Gesucht werden erfolgreiche Aktionen, die sich auf andere Kommunen übertragen lassen.

Mindestens zwei Tonnen Kohlendioxid will man in Weissach pro Bürger einsparen. Wie das erreicht und in die Tat umgesetzt werden soll, wird am Freitag, 15. November, bei der Vorstellung eines Aktionsplans „Klimaschutz im Alltag“ erläutert. Treffpunkt ist das Klima-Kulturzentrum in der Welzheimer Straße 43.

Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr mit einem regionalen Büffet. Danach gibt es einen Auftritt der Dichterin und Denkerin Joy Kerstin Fydrich, gefolgt von einer Präsentation des Aktionsplans und anschließenden Diskussionsrunde