Der neue Steg für Fußgänger und Radfahrer über den Neckar. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die neue Querung für Fußgänger und Radfahrer unter den künftigen Eisenbahnbrücke am Rosenstein ist eröffnet. Im Herbst folgt die Fortsetzung Richtung Park, die vorerst allerdings nicht barrierefrei sein wird. Die Lösung könnte eine bisherige Baustraße bringen.

Stuttgart - Bis erste Züge mit Fahrgästen über die neue Neckarbrücke in Bad Cannstatt rollen, dauert es noch mindestens bis Dezember 2025. Seit Mittwoch können aber eine Etage tiefer und dennoch immer noch sechs Meter über der Wasseroberfläche Fußgänger und Radfahrer den Neckar queren. Der unter der Bahnbrücke hängende Steg ist bei einer kleinen Feier freigegeben worden. Knapp fünf Jahre nach dem Abriss des Holzstegs, der zur Bundesgartenschau 1976 gebaut worden war, gibt es nun wieder eine Verbindung vom Seilerwasen auf die andere Neckarseite.

 

„Architektonisches Schmuckstück“

Für Bernhard Bauer, dem Vorsitzenden des Bahnprojektvereins Stuttgart-Ulm, ist die auffällige Brücke mit ihren grauen Stahlsegeln, die im Zuge des Projekts Stuttgart 21 entsteht, ein „architektonisches Schmuckstück“. Die Planer des Stuttgarter Büros Schlaich Bergermann Partner hätten „ein bleibendes Zeichen gesetzt“. Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) erinnerte daran, dass in etwa da, wo die neue Brücke entstand, 1845 schon einmal ein Brückenschlag für die Eisenbahn gewagt wurde. „An dieser historischen Stätte schaffen wir nun eine Brücke für die Eisenbahn der Zukunft“. Es sei auch ein Tag der Wiedergutmachung für all jene, die der Abriss des hölzernen Neckarstegs geschmerzt habe.

Stuttgart-21-Chef Olaf Drescher legte Wert auf die Festellung, dass der neue Steg weit mehr als nur ein Ersatz für die abgerissene Brücke sei. Die war den Fußgängern vorbehalten, Radfahrer mussten schieben. Auf dem neuen Steg ist Radfahren erlaubt, wenn auch mit der Maßgabe, auf die Fußgänger Rücksicht zu nehmen. Für Drescher hilft die neue Brücke, „Wege in der Stadt kürzer und attraktiver zu machen“. Das kommt nicht zuletzt ihm zu gute. „Die wichtigste Investition im vergangenen Jahr war ein E-Bike“, sagte Drescher.

Radfahrer fühlen sich ausgebremst

Für Johann Bögl, Chef der Unternehmensgruppe Max Bögl, die die Brücke baute, ist sie von „besonderer Eleganz und Filigranität“ – und das, obwohl 4700 Tonnen Stahl und 21 000 Kubikmeter Beton für die Brücke verbaut wurden. Einmal fertiggestellt, würde sie dem Fuß-, Rad- und Eisenbahnverkehr zur Verfügung stehen, „also den umweltfreundlichesten Arten sich von einem zum anderen Ort zu begeben“.

Für ein paar Takte in Moll während der Jubelarie sorgte Tobias Willerding, Kreisvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Die neue Brücke stellt eine klare Verbesserung zur Situation an der König-Karls-Brücke da, wo im vergangenen Jahr gut 1,4 Millionen Menschen vorbeigeradelt sind“. Aber der jetzige Brückenschlag bringe für Radfahrer nicht den vollen Nutzen. Es fehle noch die Fortführung über die Neckartalstraße und die Stadtbahngleise an den Hang des Rosensteins. Bis es soweit sei, solle das Radfahrverbot auf dem Weg in den Park aufgehoben werden, fordert Willerdings von der Stadt.

Ist der Juchtenkäfer dem Radweg im Weg?

Das fehlende Stück Brücke, das nicht von der Bahn sondern von der Stadt gebaut wird, soll im Herbst folgen. Dann endet der Weg direkt am Portal des ersten Rosensteintunnels aus dem Jahr 1846, der längst außer Betrieb ist. Von dort geht es allerdings bis auf weiteres nur über eine Treppenanlage weiter. Als Übergangslösung prüft die Stadt derzeit, ob nicht eine Führung des Radwegs über eine dann ausgediente Bau-Straße direkt in den Unteren Schlossgarten möglich ist. Langfristig soll sich ein Weg entlang des Rosenstein-Hangs ziehen. So sehen es die ursprünglichen Pläne vor. Dazu müssen aber erst die heute genutzten Gleise auf der Rosensteinbrücke weichen.

Die Zukunft des Bauwerks ist nach wie vor ungeklärt. Nicht nur das könnte dem Wegebau entgegen stehen. Experten im Rathaus prognostizieren Artenschutz-Probleme. In den Bäumen entlang des geplanten Wegs lebt der Juchtenkäfer.