Wie muss das perfekte Weizenmehl sein? Beim Brotbackmarathon der Stuttgarter Uni Hohenheim wird genau das untersucht. Foto: dpa

Weizen ist Weizen? Von wegen. Beim Brotbacken offenbaren sich die Unterschiede. Stuttgarter Forscher suchen unter den 140 Sorten eine, die alle glücklich macht: Landwirte, Müller und Bäcker.

Römerstein - Mit „Markant“ ist Bäcker Heiner Beck sofort zufrieden, bei „Epiroux“ rümpft er die Nase. „Markant“ besteht den Dehnbarkeitstest des Fachmanns. „Epiroux“ hingegen fällt durch, reißt sofort, als Beck den Teig auseinanderzieht, und nimmt auch recht wenig Feuchtigkeit auf - was ein saftiges Brot garantiert hätte. In Becks Backstube auf der Schwäbischen Alb suchen Forscher der Stuttgarter Agraruniversität Hohenheim aus 40 Weizensorten diejenige, die am besten zum Brotbacken geeignet ist.

1800 Gramm Mehl, 36 Gramm Salz, 27 Gramm Hefe, 1,26 Liter Wasser - die Voraussetzungen für jede der 40 aus 140 bekannten Weizensorten im Test sind gleich. Nach dem Kneten steht für jede Sorte der erste Test an: Becks strenger Blick bei der Dehnbarkeitsprüfung. Als „schön wollig“ bezeichnet er den Teig mit der Nummer 75. „Es gibt Teig, da weiß ich gleich: Das wird ein richtig schönes Brot.“ Reißt der Teig, wie bei der alten französischen Sorte „Epiroux“, gibt der Experte gleich eine schlechtere Note.

Insgesamt 240 Brote werden gebacken

Auch einen ersten Geschmackstest machen sie noch vor dem Backen. „Dieser hier schmeckt nicht muffig oder eklig vollkornig, sondern säuerlich und angenehm rund“, sagt Professor Friedrich Longin. Er leitet die Weizenforschung der Uni Hohenheim. Einer seiner Mitarbeiter sammelt noch weitere Daten, dann muss der Teig fürs Aroma zwei Stunden liegen, wird aber alle halbe Stunde in der Kiste gewendet. Später geht es 50 Minuten bei 250 Grad in den Ofen. Einige Teige verlaufen zu Fladenbroten, andere reißen auf, was auch nicht sein soll, wie Longin erklärt.

240 Brote werden gebacken. Um auch Erkenntnisse über den Anbauort zu bekommen, wird Weizen, der in Stuttgart gewachsen ist, mit der gleichen Sorte verglichen, die von einem Feld bei Halle stammt. „Nur wenn das Ergebnis gleich ist, können wir dem Bäcker eine Sorte empfehlen“, erklärt Longin. Die großen Konzerne mit ihrer Massenware werde das ohnehin nicht beeindrucken, sagt Beck. „Da bleibt der Ertrag entscheidend, weil die Qualität nicht bezahlt wird.“ Eine Sorte mit dem größten Ertrag liege dort immer vorn. Bäcker Beck setzt aufs Regionale, ist sich sicher, dass sich teureres Brot auch verkaufen lässt, wenn die Kunden die Herkunft kennen. „Ich kenne alle meine 42 Landwirte.“ Brotbacken beginne nicht in der Backstube, sondern auf dem Acker. Am Ende werde auch der Geschmack überzeugen.

Zum Schluss kommt die Verkostung

Den für Baden-Württemberg so typischen kleinen Landwirten und den kleinen Handwerksmühlen böten die Erkenntnisse des Backmarathons aber eventuell Chancen, sich gegen die Großen zu behaupten. Der Landwirt suche eine Sorte, die nicht bei jedem Sturm umfällt und einen guten Ertrag bietet, erklärt Longin. Für den Müller müsse sich die Sorte gut dreschen lassen. Und der Bäcker wolle den Teig gut verarbeiten können. „Schön wäre es, wenn wir am Ende eine Sorte hätten, mit der alle glücklich sind“, sagt Longin.

Ergebnisse stehen am Donnerstag fest. Zum Schluss kommt nämlich natürlich noch die Verkostung. Dann ist auch Professor Michael Kleinert, Aromaforscher aus Zürich, mit dabei. „Wenn man reinbeißt und es genießen kann...“ - das ist für Hermann Gütler, den Besitzer der Stelzenmühle in Eggmannsried bei Memmingen, ohnehin der entscheidende Moment des ganzen Tests. Von seiner Teilnahme erhofft auch er sich Erkenntnisse für die Züchtung neuer Weizensorten, die er dann bei den Landwirten bestellen kann.