Die Kanzlerin strebt ihrem Karriereende entgegen, wenn es nach politischen Mitbewerbern und der Meinung vieler Bürger ginge. Foto: dpa

Kanzlerin Angela Merkel ist nur noch für eine Minderheit der Deutschen eine sichere Bank für die Zukunft. Laut einer Umfrage wünschen sich viele Bürger, dass sie nicht bis 2021 durchhält.

Stuttgart - Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die Kanzlerin den Zenit ihrer erfolgreichen Politkarriere überschritten hat. Mittlerweile wünschen sich auffällig viele Deutsche, dass Angela Merkel in absehbarer Zeit als Regierungschefin abgelöst wird. So hofft nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die Presse-Agentur dpa fast jeder Zweite (47 Prozent), dass die CDU-Vorsitzende bei einer Wiederwahl zur Regierungschefin ihren Posten vor Ende der Wahlperiode 2021 räumt. Nur 36 Prozent wollen sie weitere vier Jahre im Amt sehen, was Merkel selbst bisher anstrebt.

Doch offenkundig haben die missglückten Jamaika-Sondierungen die Kanzlerin viel Unterstützung in der Bevölkerung gekostet. Denn gleich nach der Bundestagswahl hatten sich gegenüber YouGov lediglich 36 Prozent für einen vorzeitigen Abgang Merkels ausgesprochen. 44 Prozent waren dafür, dass sie ihren Posten bis 2021 behält.

Noch hält der Rückhalt in den eigenen Reihen

In den eigenen Reihen kann Merkel noch auf einen Rückhalt bauen: Von den Unionswählern sind nur 17 Prozent dafür, dass sie früher geht. 75 Prozent wünschen sich dagegen eine vierjährige Amtszeit. Anders die Anhänger der Mitbewerber: 64 Prozent der SPD-Wähler wollen die Kanzlerin vorzeitig loswerden. Bei den Grünen sind es 40 Prozent, im FDP-Lager 55 Prozent, bei der Linken 67 und bei der AfD 82 Prozent. 2036 Bürger waren von dem Meinungsforschungsinstitut befragt worden.

Umfragen sind Momentaufnahmen. Brisanter erscheint es dagegen, dass auf der Anti-Merkel-Welle nun auch die Liberalen surfen, nachdem sie die Sondierungsverhandlungen haben platzen lassen. Nur ein Ablenkungsmanöver? Schon ruft FDP-Vize Wolfgang Kubicki die Union zur personellen Erneuerung auf und beschuldigt die Kanzlerin, für das Scheitern von Schwarz-Gelb-Grün verantwortlich zu sein. Merkel sei es nie darum gegangen, Jamaika hinzubekommen, sagte Kubicki der Funke Mediengruppe. „Sie hat daran gebastelt, die Fortsetzung der Großen Koalition zu erreichen“, sagte er.

FDP-Vize ermuntert die Union zur Erneuerung

Kubicki will „am liebsten eine Koalition mit einer erneuerten CDU/CSU“ – nach Neuwahlen. „Die Union muss selbst wissen, wie sie aus dem Jammertal der knapp 30 Prozent rauskommen will“, stichelt er. Als potenzielle Erneuerer hat er CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn und den Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsidenten Daniel Günther ausgemacht, mit dem die FDP samt Grüne an der Küste ein Jamaika-Bündnis bilden. „Mit Merkels Rezepten der letzten zwölf Jahre wird Deutschland in Zukunft nicht bestehen können“, so Kubicki. Zuvor hatte schon FDP-Chef Christian Lindner eine mögliche Kehrtwende seiner Partei mit dem Abgang Merkels und einer neuen Konstellation der Verhandlungspartner verbunden. „Wir wollen Teil eines Erneuerungsprojekts werden“, sagte er der „FAS“.

Sollten auch die am 7. Januar beginnenden Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD scheitern, wäre eine Neuwahl genauso denkbar wie ein Comeback der Jamaika-Verhandlungen – dann womöglich schon ohne Merkel? Bisher glauben lediglich drei Prozent der von YouGov Befragten, dass es doch zu Jamaika kommen wird. 41 Prozent rechnen dagegen mit einer großen Koalition, 13 Prozent mit einer Minderheitsregierung und 24 Prozent mit einer Neuwahl.