Auf dem Old Course von St. Andrews spielen die weltbesten Golfer beim 144. British Open. Foto: Getty

Zum Auftakt der 144. British Open gelang dem US-Golfstar Jordan Spieth ein ordentlicher Einstand. Tiger Woods dagegen erlebte auf dem Old Course ein Debakel. Kein Wunder: Der mystische Golfplatz von St. Andrews hat es in sich.  

St. Andrews - Graue Regenwolken sind aufgezogen, über St. Andrews, und hüllen die viktorianischen Häuschen der kleinen Stadt an der schottischen Ostküste in nebligen Dunst. Gischt spritzt gegen die Felsen unterhalb der Küstenstraße, da, wo auch das Clubhaus des „Royal & Ancient Golf Club of St. Andrews“ steht. Ein paar Jogger laufen auf dem Dünenweg entlang, der den alten, hügeligen Golfplatz von der rauen Nordsee abschirmt.

„Caution – Golf in Progress“, warnt ein gelbes Hinweisschild am Weg: Vorsicht, Golf. Hier, auf dem Old Course, diesem geschichtsträchtigen Ort, spielen seit diesem Donnerstag die weltbesten Golfer bei den 144. British Open um den dritten Major-Titel der Saison.

Unbeeindruckt von Wind und Wetter spielte US-Golfstar Jordan Spieth, der mit 67 Schlägen einen starken Turnierauftakt hatte. Für den 14-maligen Majorsieger Tiger Woods begannen die British Open dagegen mit einem Debakel: Der 39-Jährige spielte am Donnerstag eine 76er-Runde auf dem Par-72-Kurs – und muss damit um die Qualifikation für das Wochenende bangen. So stimmungsvoll die Atmosphäre in der schottischen Universitätsstadt auch ist – der alte Golfplatz an der Küste hat schon manchen Profispieler zur Verzweiflung gebracht.

Der wohl älteste Golfplatz der Welt

Der Old Course ist der wohl älteste Golfplatz der Welt, das „Home of Golf“. Auf dem Platz wurde das Golfen angeblich erfunden, hier wurden die Regeln für die Sportart gemacht, und hier wurde auch der 18-Loch-Standard festgelegt. Schon im Jahr 1552 gab der damalige Erzbischof John Hamilton den Bewohnern des kleinen Städtchens die ausdrückliche Erlaubnis, auf den Dünen am Meer Golf zu spielen. Das ist schriftlich festgehalten. Im Oktober 1873 fand auf dem Old Course an der schottischen Ostküste zum ersten Mal eine Open Championship statt – heute das einzige der vier großen Major-Championship-Turniere außerhalb der USA. Seitdem haben hier Golflegenden wie Sam Snead, Jack Nicklaus und John Henry Taylor ihre Bälle geschlagen.

Der alte Links-Platz direkt am Meer hat seinen Charme – und seine Tücken. Harte, wellige Fairways, tiefe Sandbunker, hohes Dünengras und dichtes Ginstergestrüpp machen eine Partie auf den riesigen Doppelgrüns zu einem komplizierten Denkspiel. Der Platz erlaubt lange und erfordert präzise, flache Abschläge. „Hier geht es darum, kreativ zu sein und taktisch klug zu spielen. Aber diese Art von Golf liebe ich“, sagt der ehemalige Weltranglistenerste Martin Kaymer aus Mettmann, der mit 71 Schlägen die Chancen auf eine Wochenend-Teilnahme in St. Andrews wahrte.

Die Hölle und das Tal der Sünde

Jedes Loch hat dort einen Namen, und eine Geschichte. „Valley of Sin“ , Tal der Sünde, heißt zum Beispiel eine große Einbuchtung vor dem 18. Loch. Als die „Hölle“ wird ein teuflischer Bunker an Loch 14 bezeichnet. Hier brauchte der 18-malige Major-Sieger Jack Nicklaus bei seinem letzten British Open 1995 vier Schläge, um wieder herauszukommen. Das „Road Hole“ Nummer 17, das Straßenloch, heißt so, weil viele Spieler die Bälle zu lange schlagen – dann landen sie auf der nahe gelegenen Straße, oder sogar auf dem Dach des Old Course Hotels nebenan. Ein paar Meter weiter führt der Weg über die berühmte, oft fotografierte Swilcan Bridge und einen kleinen Bach – das einzige Wasserhindernis des Platzes. Hier, zwischen dem ersten und dem 18. Fairway, schieben nicht nur Profi-Golfer ihre Trolleys hin und her. Auch Amateurspieler dürfen hier abschlagen. Sonntags wandeln Spaziergänger auf den grünen Hügeln – dann ist der Platz für Golf gesperrt.

In dieser Woche ist alles ein bisschen anders, in dem sonst so verschlafenen Universitätsstädtchen. Seit Donnerstag tummeln sich hochklassige Golfspieler und tausende Golffans um den Küstenplatz am großen Weststrand. Alle fünf Jahre ungefähr kehrt das älteste aller Golfturniere an den ältesten aller Golfplätze nach St. Andrews zurück – in diesem Jahr zum 29. Mal. Nach der Absage von Rory McIlroy heißt der Favorit Jordan Spieth. Nach seinem gelungenen Start hofft der 21 Jahre alte Weltranglistenzweite in St. Andrews auf seinen dritten Major-Sieg dieses Jahr – er gewann bereits das US Masters und die US Open. „Auf diesem Platz kann man noch aggressiver als normalerweise bei einem Major an die Sache herangehen“, sagt Spieth.

Ein leichtes Spiel wird es trotzdem nicht: Viel Regen ist angesagt bis zum Sonntag. Knapp 10 000 Zuschauer werden dann von der Tribüne an der 18. Bahn aus zusehen, gleich neben dem markanten Steingebäude des Golfclubs. Vielleicht aber verhilft dieser geschichtsträchtige Platz mach einem auch zu Höchstleistung: „Es ist wirklich ein magischer Ort“, sagt Kaymer. „Es macht einen stolz, hier zu sein und das größte Turnier der Welt zu spielen.“