Helmuth Biemann schätzt die Geschichte, die hinter jedem Brief steckt. Foto: Michael Käfer

Helmuth Biemann ist seit mehr als 50 Jahren Mitglied im Briefmarkensammler-Verein Fellbach – und Spezialist für russische Marken. Was ist das Besondere am Hobby, das er schon als Kind hatte?

Für Helmuth Biemann sind Briefmarken mehr als bloß Postwertzeichen. „Ein Brief kann auch sprechen“, sagt der 78-Jährige und meint damit nicht nur den Inhalt des Briefs. Bereits dessen Umschlag und die Briefmarke sind oft Geschichte und erzählen interessante Geschichten aus längst vergangenen Zeiten.

Der Augenoptikermeister hat einen Blick für solche philatelistischen Schätze und zeigt auf einen Umschlag mit einer eher unspektakulären Briefmarke. Abgeschickt wurde er am 23. Oktober 1917, zwei Tage vor dem Ausbruch der Oktoberrevolution. An der linken Seite sind Seidenfäden zu erkennen, die von russischen Zensoren stammen. „Seltenheit ist immer ein Kaufargument“, sagt Helmuth Biemann, der kürzlich für seine 50-jährige Mitgliedschaft im Briefmarkensammler-Verein Fellbach 1928 ausgezeichnet worden ist.

Was ist wichtig für den Wert?

Bereits im zarten Alter von zwölf Jahren hat der Schmidener von der Geschäftspost des Vaters die Briefmarken abgeschnitten. Heute weiß der Fachmann für russische und alte ägyptische Briefmarken sowie für Wertzeichen aus dem Deutschen Reich, dass man damit einen schweren Fehler begehen kann. Denn für den Wert eines Sammlerstücks sind eben nicht nur Art und Erhaltungszustand der Zähnung, die Seltenheit der Marke, deren Farbe oder die Qualität des Stempels entscheidend. Oft ist vielmehr die Gesamtheit des Umschlags samt Beschriftung maßgeblich – wobei mitunter von der Umhüllung des Briefs nicht mehr viel zu sehen ist. Das war kurz vor der Währungsreform 1923 der Fall. Wenn die Frankierung inflationsbedingt aus 32 Marken zu je 3000 Reichsmark besteht, dann bleibt kein Platz mehr übrig. „In jedem Brief ist Geschichte drin“, sagt Helmuth Biemann, der für seinen Verein auch die Heimatsammlung Fellbach betreut.

Als Kassenprüfer und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender ist er mit dem Briefmarkensammler-Verein Fellbach 1928 eng verbunden. Die zweimal im Monat stattfindenden Tauschabende dienen auch dem sozialen Miteinander in dem rührigen Verbund. Laien, die zum Beispiel einen Fachmann einen Blick auf die geerbten Marken werfen lassen möchten, sind ebenso willkommen wie Anfänger. Regelmäßig zu Gast sind außerdem Profihändler, die durchaus mal ganze Sammlungen kaufen.

Die rund 50 Mitglieder nehmen regelmäßig an Ausstellungen teil oder veranstalten sie selbst. So wie zuletzt 2018, als in der Alten Kelter eine sogenannte Rang 1, also eine Schau der höchsten Kategorie mit Israel zusammen stattfand. Da hat selbstverständlich auch Helmuth Biemann mitgemacht und eine Auszeichnung in Groß-Silber erhalten. Maßgeblich für solche Erfolge ist auch die aufwendige Beschreibung und Präsentation der Marken, nicht nur deren Wert. „Sonst hätten nur Sammler mit sehr teuren Marken eine Chance“, sagt Helmuth Biemann.

Der Briefmarkensammler-Verein Fellbach 1928 (BSV)

Geschichte
 Richard Ebinger, Wilhelm Lauster und Friedrich Rössler gründeten den Verein am 11. Februar 1928, also in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Bereits ein Jahr später zählte der BSV 20 Mitglieder. Zahlreiche Ausstellungen waren Höhepunkte im Vereinsleben, darunter 2006 eine sogenannte Rang 1-Ausstellung in Portugal. Die Mitglieder treffen sich jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat um 18 Uhr im Vereinspavillon in der Wirtembergstraße 143.

Person
 Klaus Roos sammelt seit seinem elften Lebensjahr Briefmarken. Der 64-Jährige war Polizeihauptkommissar und wohnt in Fellbach. Im April 2022 wurde er zum Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden Hans Steche gewählt.