Lothar Wieler (hier ein Archivbild vom April) erinnert an die Regeln zur Eindämmung des Coronavirus. Foto: dpa/John Macdougall

Abstand, Hygiene und Maske brauche es auch im Freien und im Urlaub, betont der Präsident des Robert-Koch-Instituts. Derzeit laufe man unzähligen kleinen Corona-Ausbrüchen hinterher.

Berlin - Angesichts der steigenden Corona-Infektionen hat sich der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, an die Bevölkerung gewendet: Abstand, Hygiene und Maske seien weiterhin Pflicht, „auch im Freien und im Urlaub“. Wer Symptome wie Fieber, trockenen Husten oder Geschmacksverlust entwickle, solle sich möglichst rasch testen lassen.

Die steigenden Infektionszahlen hätten unmittelbar damit zu tun, „dass Menschen sich nicht an die Regeln halten“, so Wieler am Dienstagvormittag. Jeder Einzelne müsse mithelfen, die Fallzahlen wieder zu senken. Es sei „rücksichtslos und fahrlässig, wenn man wilde Partys feiert“. Damit spielte der RKI-Präsident auf die Partys im Berliner Park Hasenheide an.

In der laufenden Urlaubssaison steigt die Zahl der infizierten Reiserückkehrer. Dennoch hat sich der Großteil der Infizierten im Inland angesteckt. Neben großen Ausbrüchen wie in der Fleischfabrik Tönnies oder aktuell auf einem Bauernhof in Niederbayern mache dem RKI die zunehmende Zahl kleinerer lokaler Ausbrüche Sorgen. „Diesen Ausbrüchen kann man immer nur hinterherlaufen. Deshalb ist Prävention so wichtig“, sagte die RKI-Pandemieexpertin Ute Rexrodt.

Negativbeispiel Katalonien

Wie schnell die Infektionszahlen wieder steigen können, sehe man im Ausland. Als Beispiel nannte sie die spanischen Region Katalonien. Binnen drei Wochen ist die Zahl der täglichen Infektionen dort von unter 200 auf zuletzt mehr als 1000 geradezu explodiert. Das Auswärtige Amt rät von Urlaubsreisen etwa nach Barcelona ab, verzichtet aber auf eine formelle Reisewarnung.

In Deutschland infizieren sich derzeit mehr als 550 Personen pro Tag neu mit dem Coronavirus, in Baden-Württemberg um die 60. Am Montag kamen im Land 98 neue Fälle hinzu. Insgesamt sind laut Angaben des Landesgesundheitsamts aktuell rund 850 Menschen in Baden-Württemberg erkrankt.

Bei einer gleichbleibenden Positivrate bestehe auch ein Zusammenhang mit der aktuell hohen Anzahl von Coronatests, sagte Wieler, „aber wir wissen ja auch, warum so viel getestet wird“. Tests finden in den meisten Bundesländern anlassbezogen statt, weshalb viele Tests auch auf viele örtliche Ausbrüche hindeuteten.

Noch keine „zweite Welle“

Noch seien die Ausbrüche weitgehend lokal einzugrenzen und man könne nicht von einer unkontrollierten „zweiten Welle“ sprechen, so Wieler. Doch er beobachte eine nachlassende Akzeptanz der Anti-Corona-Maßnahmen und eine sinkende Risikowahrnehmung. Auch deshalb appellierte der RKI-Präsident an die Eigenverantwortung im Kampf gegen das Virus.

Laut der aktuellsten Ergebnisse der Cosmo-Befragung von RKI und Uni Erfurt ist das Tragen einer Atemschutzmaske in der Öffentlichkeit breit akzeptiert, die Unterstützung für die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen lässt aber nach. Auch sieht es nur noch eine Minderheit der etwas mehr als 1000 Befragten ein, die Wohnung so selten wie möglich zu verlassen.