Bei der Erörterungsverhandlung zur Fildertrasse von S 21 gab Leinfelden-Echterdingen mit eigenen Gutachten den Ton an. Filderstadt hielt sich zurück. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Mit einer verspätet eingegangenen Forderung nach einem funktionierenden Nahverkehr löst Filderstadts Rathauschefin Gabriele Dönig-Poppensieker bei Berliner Politikern eher Kopfschütteln aus.

Filderstadt - Wichtige Post aus dem Wahlkreis landet bei Bundestagsabgeordneten fast schon regelmäßig auf dem Schreibtisch – zumal wenn es um so brisante Themen wie die Fildertrasse des Großprojekts Stuttgart 21 geht.

Um so verwunderter hat die Politik registriert, dass aus dem Filderstädter Rathaus relativ wenig zum heftigen Streit um die Bahnpläne zu hören war. Während die Stadt Leinfelden-Echterdingen mit eigens in Auftrag gegebenen Gutachten zu Lärmschutz und der Pünktlichkeit des Nahverkehrs die Initiative ergriff, hielten sich die Nachbarn in Filderstadt auffallend zurück.

Deutlich wurden die Unterschiede schon beim Erörterungstermin zur Fildertrasse im Herbst 2014: Leinfelden-Echterdingens Rathauschef Roland Klenk meldete zum Start der elftägigen Mammut-Verhandlung massive Bedenken an, seine Filderstädter Kollegin Gabriele Dönig-Poppensieker glänzte durch Abwesenheit und schickte Baubürgermeister Reinhard Molt vor. Während Leinfelden-Echterdingen durch fundierte Kritik an den Planungsfehlern der Bahn ein maßgeblicher Auslöser für den jetzt auf dem Tisch liegenden Kompromiss zum dritten Gleis war, kam aus der Nachbarstadt nur der moderat formulierte Wunsch, dass es auf der S-Bahn-Linie 2 doch bitte keine Verspätungen geben möge.

Der fehlende Drang zur Einmischung ist durchaus nicht verborgen geblieben. „Ich hatte erwartet, dass die Stadt Filderstadt eine aktivere Rolle spielt und sich aus eigenem Interesse an der Diskussion der vergangenen Monate und Jahre beteiligt“, schreibt der grüne Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel der parteilosen Rathauschefin ins Stammbuch.

Dabei hat sich Gabriele Dönig-Poppensieker kurz vor Toresschluss doch noch zu Wort gemeldet. In einem just am Tag vor dem entscheidenden Treffen der S-21-Projektpartner in Berlin verfassten Brief fordert die Rathauschefin, wegen der erkennbaren Schwachpunkte der bisherigen Bahnpläne die Fernzüge und den S-Bahn-Verkehr am Airport in einem „Filderbahnhof plus“ zu trennen. „Als technisch mögliche weitere Variante sollte aus Sicht von Filderstadt auch das dritte Gleis vertieft untersucht werden“, heißt es in dem nicht nur an Wahlkreisabgeordnete, sondern auch an Bahnchef Rüdiger Grube und Verkehrsminister Alexander Dobrindt verschickten Brief wörtlich.

Begründet wird die Forderung mit der Bedeutung eines funktionierenden Nahverkehrs. „Schon jetzt haben nur 85,8 Prozent der S-Bahn-Züge weniger als drei Minuten Verspätung. In Hauptverkehrszeiten dürfte der Wert deutlich schlechter ausfallen“, so die OB. Für die geplante Verlängerung der S 2 nach Neuhausen – Filderstadt legt für das Projekt immerhin 3,5 von 125 Millionen Euro hin – würden für mehr Pünktlichkeit bewusst zwei Gleise geplant. „Es kann nicht sein, dass S 21 dieser teuer erkauften Entwicklung entgegen wirkt“.

Ihre Kritik, so die Rathauschefin auf Nachfrage, sei bewusst aufs Spitzentreffen in Berlin terminiert gewesen. „Der Plan war, dass der Brief kurz vor der Sitzung eingeht“, sagt die OB. Im Briefkasten der Politiker landete das mit der Post verschickte Schreiben freilich erst Tage später. „Das war bemerkenswert kurzfristig – und viel zu spät, um auf irgendjemand einzuwirken“, heißt es im Nürtinger Wahlkreisbüro von Michael Hennrich. Der CDU-Abgeordnete: „Der Zeitpunkt hat mich sehr überrascht und ist wohl dem Wahlkampf geschuldet. Hätte sich Filderstadt doch vor einem halben Jahr gerührt“. Wenig Beifall findet auch Rainer Arnold (SPD): „Ich bin sehr froh, dass der Knoten nach jahrelangem Kampf endlich durchschlagen ist, da brauche ich keine Briefe aus dem Rathaus. Die werden oft nur geschrieben, um zu belegen, etwas getan zu haben.“

Die Rathauschefin ficht die Kritik nicht an: „Die Stadt war beim Filderdialog und bei der Erörterung“ betont sie. Auf den Vorwurf von Matthias Gastel, eine aktive Rolle zu vermissen, reagiert die OB mit Unverständnis: „Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was er da will.“