Kann man Polizisten im Einsatz gegen das Coronavirus schützen, indem ihnen Listen mit Corona-Infizierten vorab übermittelt werden? Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das baden-württembergische Sozialministerium gibt den Gesundheitsämtern eine strikte Linie vor: Sie sollen nur noch in ganz begrenzten Fällen Daten von Corona-Infizierten an Ortspolizeibehörden weitergeben dürfen. Das Innenministerium hält noch dagegen.

Stuttgart - Das baden-württembergische Sozialministerium spricht sich gegen die pauschale Weitergabe von Listen mit Corona-Infizierten an die Polizei aus. In einem Schreiben an die Gesundheitsämter der Stadt- und Landkreise untersagte es die Übermittlung personenbezogener Daten an Ortspolizeibehörden, wenn die Gesundheitsämter keine polizeilichen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz selbst vorgeschlagen haben.

Ein Sprecher von Sozialminister Manne Lucha (Grüne) bekräftigte, dass das Ministerium die Weitergabe der Daten „außerordentlich kritisch“ sehe. Damit stärkte es auch dem Landesdatenschutzbeauftragten Stefan Brink den Rücken, der diese für rechtlich unzulässig hält.

Keine Listen an die übrige „Blaulicht“-Familie

Dies gilt aus Sicht des Sozialministeriums erst recht für die Datenübermittlung an weitere Organisationen der sogenannten „Blaulicht“-Familie, wie den Polizeivollzugsdienst, die Feuerwehr oder den Rettungsdienst. Die Weitergabe könne auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass dies zum Selbstschutz der eingesetzten Beschäftigten erforderlich sei.

Ein Sprecher des Innenministeriums hingegen sagte unserer Zeitung: „Wenn die Gesundheitsämter ortspolizeiliche Maßnahmen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes vorschlagen oder aufgrund von Gefahr im Verzug selbst anordnen, dürfen die personenbezogenen Daten an die Ortspolizeibehörden übermittelt werden, andernfalls können diese ihren gesetzlichen Auftrag nicht erfüllen.“

Innenministerium will mit Brink einen Kompromiss suchen

Werde der Polizeivollzugsdienst im Wege der Amtshilfe für die Ortspolizeibehörden tätig, beispielsweise bei der Überprüfung von Quarantäneanordnungen, dürfe die Ortspolizeibehörde diese Daten auch übermitteln, denn sonst könnte der Vollzugsdienst seine Aufgabe nicht erfüllen. Ziel sei es aber, gemeinsam mit dem Datenschutzbeauftragten Brink eine Lösung zu finden, „die dem Datenschutz und der effektiven Abwehr von Gefahren für die Bevölkerung durch eine weitere Ausbreitung der Pandemie ebenso wie dem Schutz der eingesetzten Polizisten – und im Übrigen auch der Mitarbeiter der anderen Organisationen im Sicherheitsbereich – gerecht wird“, sagte der Sprecher.