Das britische Parlament redet viel – und löst wenig von den anstehenden Problemen. Foto: AP

Zwei Wochen und einen Tag vor dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ist die Lage unübersichtlicher denn je. Wir geben Hilfestellung über den Stand der Dinge.

Stuttgart - Seit Monaten streiten die britischen Parteien, das Unterhaus und die Regierung darüber, wie Großbritannien die EU verlassen soll. Nun haben die Abgeordneten zumindest eine Möglichkeit ausgeschlossen – doch das, was kommen wird, liegt noch im Londoner Nebel. Wir geben einen Überblick.

Der Austrittsvertrag

Regierungschefin Theresa May hat mit der EU einen Austrittsvertrag ausgehandelt. Den so genannten Deal. Dafür hat sie allerdings in den eigenen Reihen keine Mehrheit bekommen. Am Dienstag hatte May dem Parlament den Austrittsvertrag zum zweiten mal vorgelegt, das Parlament hat ihn zum zweiten mal abgelehnt. Ohne Austrittsvertrag muss Großbritannien die Europäische Union am 29. März verlassen, ohne dass es Regeln gibt, wie es weiter geht. Das ist das No-Deal-Szenario – das eigentlich niemand will.

Der Austritt ohne Vertrag

Am Mittwoch hat sich das britische Parlament gegen ein No-Deal-Szenario ausgesprochen. Das gilt sowohl für den 29. März als auch für einen späteren Zeitpunkt. 321 Abgeordnete votierten gegen einen No-Deal-Brexit und 278 dafür. Dieses Ergebnis ist wichtig für die britische Innenpolitik – aber nicht bindend für das Verhältnis zu Europa. Sollte es zu keinem Austrittsvertrag mit der EU kommen, so bliebe es beim No-Deal-Szenario.

Der Zeitfaktor

Am 14 März, exakt zwei Wochen und einen Tag vor dem geplanten Austritt, wird das britische Parlament darüber abstimmmen, ob der Austritt verschoben werden soll. Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten. Die Abgeordneten stimmen gegen eine Verschiebung des Austrittes – dann bleibt es beim 29. März als Termin. Eine andere Frage ist es, ob der Austritt mit oder ohne Vertrag erfolgt. Theresa May hat angekündigt, den mit Brüssel ausgehandelten Austrittsvertrag noch einmal dem Parlament vorzulegen. Stimmen die Abgeordneten für eine Verlängerung des Termins, muss May in Brüssel um eine Verlängerung der Frist bitten. Ob diese erteilt wird ist nicht sicher, aber wahrscheinlich.

Die Fristverlängerung

Fraglich ist, wie lange die EU bereit ist, die Frist zu verlängern. Es wird dabei darauf ankommen, ob die Abgeordneten im dritten Anlauf den Austrittsvertrag akzeptieren. Ist dies der Fall, steht eine technische Fristverlängerung von mehreren Wochen im Raum. Stimmen die Abgeordneten für eine Fristverlängerung und gegen den Vertrag, könnte May einen Aufschub um ein Jahr beantragen. Das ist ein Pokerspiel. Ob die EU diesen Aufschub gewährt ist unklar. Die Mitgliedsländer müssten einstimmig entscheiden. Wird er gewährt, so wächst bei den Austrittsbefürwortern die Angst, dass auf der Insel ein zweites Referendum angesetzt werden könnte. Das könnte zur Folge haben, dass die Mehrheit der Briten nicht mehr aus der EU austreten will. May hofft daher, dass im dritten Versuch ihr Austrittsvertrag angenommen wird.