Der Vorsitzende des Unterhauses, Jacob Rees-Mogg, lehnt sich während der Notstandsdebatte über ein neues Gesetz, dass einen No-Deal-Brexit verhindern soll, gelangweilt in seiner Parlamentsbank zurück. Foto: dpa/House Of Commons/PA Wire

Bis in die Nacht wurde im britischen Unterhaus debattiert. Am Ende verlor Boris Johnson seine Mehrheit. Einige Parlamentarier machten es sich beim Zuhören offenbar ein bisschen zu bequem.

Stuttgart - Wer im Fernsehen oder im Internet Bilder aus dem britischen Unterhaus sieht, merkt schnell: Im britischen Parlament, dem ältesten der Welt, läuft vieles anders als hierzulande. Regierung und Opposition sitzen sich auf langen Bänken gegenüber. Wer sich zu Wort melden will, steht auf und wartet, ob der Speaker ihm das Wort erteilt. Durch das ganze Auf und Ab entsteht eine Choreografie, die chaotisch anmutet und für Außenstehende schwer zu durchschauen ist.

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Auch am Dienstagabend herrschte im Unterhaus wieder viel Bewegung. Noch während Premierminister Boris Johnson am Rednerpult versuchte, die Abgeordneten davon zu überzeugen, seine Brexit-Pläne nicht zu durchkreuzen, stand der konservative Parlamentarier Philipp Lee auf – und wechselte im wahrsten Sinne des Wortes die Seite. Lee ging herüber zur Oppositionsbank. „Ich wünsche meinem ehrenswerten Freund alles Gute“, rief Johnson ihm noch zu. Damit hatte der Premier seine Mehrheit im Unterhaus verloren.

Brexit-Befürworter streckt sich aus

Doch Lee war nicht der einzige, der mit seinem Verhalten für Aufsehen sorgte. Obwohl die Debatte enorm wichtig war, lehnte sich Brexit-Befürworter Jacob Rees-Mogg, der Vorsitzende des Unterhauses, entspannt zurück. Das Foto verbreitete sich im Netz. Andere Abgeordnete wie Caroline Lucas von den Grünen kritisierten Rees-Mogg scharf für sein Verhalten. Seine Körperhaltung zeige, dass er das Parlament missachte. Als Verkörperung seiner „Arroganz“ und „Respektlosigkeit“ gegenüber dem Parlament bezeichnete die Abgeordnete Anna Turley das Verhalten von Rees-Mogg.

Kreative Reaktionen der Netzgemeinde ließen nicht lange auf sich warten. Ein Nutzer sah Verbindungen zwischen Rees-Moggs Körperhaltung und der Entwicklung des Pfunds:

Ein Abgeordneter schläft ein

Gemütlich gemacht hatte es sich auch noch ein anderer Parlamentarier. Der konservative Abgeordnete Desmond Swayne war augenscheinlich am Schlafen, während sein Parteikollege Ken Clarke eine Rede über mögliche Auswirkungen des EU-Austritts hielt. Als Clarke lauter wurde, öffnete Swayne kurz die Augen – und nickte dann offenbar wieder ein. Am Ende hebte Clarke aber doch wieder den Kopf und lächelte.

Wie geht es jetzt mit dem Brexit weiter?

Schlussendlich stimmten am Dienstagabend 328 Abgeordnete für einen Beschluss, der den Weg für ein Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit ebnet, 301 waren dagegen. Der Entwurf soll schon am Mittwoch durch das Unterhaus gepeitscht werden, damit er so schnell wie möglich dem Oberhaus vorgelegt werden kann. Sollten auch die Lords zustimmen, kann der Entwurf Gesetz werden.

Wenn es so kommt, will der britische Premier Boris Johnson eine Neuwahl beantragen. Doch dafür braucht er eine Zweidrittelmehrheit im Unterhaus. Labour-Chef Jeremy Corbyn will sich darauf aber erst einlassen, wenn das Gesetz gegen den ungeregelten EU-Austritt verabschiedet ist. In Großbritannien bleibt es also auch in den kommenden Tagen spannend.