Die britische Premierministerin hat mit ihrem Brexit-Deal im Parlament eine historische Niederlage eingefahren. Foto: PA Wire

Nach dem Nein für ihren Brexit-Deal muss sich Premierministerin Theresa May auch noch einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Eine Niederlage muss sie kaum fürchten, doch die Abstimmung könnte ein zweites Brexit-Referendum wahrscheinlicher machen.

London - Die oppositionelle Labour-Partei in Großbritannien stellt einen Misstrauensantrag gegen die Regierung von Premierministerin Theresa May. Das kündigte Labour-Chef Jeremy Corbyn am Dienstagabend im Parlament in London an, nachdem May die Abstimmung über das Brexit-Abkommen mit der EU klar verloren hatte. May ist bereit, sich bereits an diesem Mittwoch dem Votum der Abgeordneten zu stellen. Das Unterhaus hatte unmittelbar vorher das mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen mit 432 zu 202 Stimmen deutlich abgelehnt.

Ein erfolgreiches Misstrauensvotum ist der einzige gangbare Weg, wie die Opposition eine Neuwahl auslösen kann. Erfolgschancen werden der Labour-Initiative aber kaum eingeräumt. Sie bräuchten dazu die Hilfe von Rebellen aus der konservativen Regierungsfraktion oder der nordirisch-protestantischen DUP, die mit ihren zehn Stimmen die Minderheitsregierung stützt. Beides ist nicht in Sicht.

Mehrere denkbare Schritte sind nun möglich

Sollte May die Vertrauensabstimmung wie erwartet gewinnen, stünde Corbyn aber unter großem Druck, sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum zu stellen. Er hat diese Option nicht ausgeschlossen, aber davon abhängig gemacht, dass eine Neuwahl unmöglich ist.

Theoretisch könnte Corbyn auch zu einem späteren Zeitpunkt einen weiteren Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen. Echte Chancen werden ihm dabei aber nur zugerechnet, wenn sich die DUP gegen die Regierungschefin stellt. Denkbar wäre das, wenn sich May in einem zweiten Wahlgang gegen den Willen der DUP mit ihrem Brexit-Deal durchsetzt.

Graben in der britischen Gesellschaft

Bislang gibt es für ein zweites Brexit-Referendum keine Mehrheit im Parlament. Unklar ist zudem, welche Fragen den Wählern dabei vorgelegt werden sollten. Kritiker fürchten, eine zweite Volksabstimmung würde den Graben in der britischen Gesellschaft weiter vertiefen.

Im Juni 2016 hatte sich eine knappe Mehrheit der Briten für den EU-Austritt ausgesprochen. Umfragen zufolge hat sich seitdem kaum etwas geändert. Daher ist fraglich, wie ein zweites Referendum ausgehen würde.