Auf den Fildern soll die B 27 um insgesamt zwei Spuren wachsen. Fertig sein soll die breitere Schnellstraße im Jahr 2030. Foto: picture alliance / dpa/Patrick Seeger

Je näher der Ausbau der B 27 auf den Fildern rückt, desto lauter werden Bedenkenträger. Die Kritik hat vor allem damit zu tun, ob sich das Projekt mit den Klimaschutzzielen verträgt. Es ist allerdings fraglich, wie viel Spielraum es überhaupt noch gibt.

Filder/Esslingen - Wer unter den Staus auf der B 27 auf der Filderebene leidet, hat sich bestimmt schon das eine oder andere Mal weitere Fahrspuren gewünscht. Die Ausbaupläne von Deutschlands meist befahrener Bundesstraße sind längst beschlossene Sache, und dennoch mehren sich kritische Stimmen. Und damit sind nicht nur die Schutzgemeinschaft Filder und die Landwirte gemeint. Dass sich diese Interessensgruppen über weiteren Asphalt auf dem Filderboden ärgern, ist längst bekannt.

Zweifel an dem Straßenausbau sind inzwischen auch aus anderen Ecken zu vernehmen. So hatten sich beispielsweise die Freien Wähler im Filderstädter Gemeinderat skeptisch geäußert und dafür vor allem das Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit angeführt. Dieselben Argumente nutzt Filderstadts OB Christoph Traub, wenn er sich über die Ausbauabsichten äußert. Und das tat er kürzlich überraschend kritisch. Reaktionen habe er von einigen Bürgern erhalten. Diese seien „überwiegend positiv“ gewesen, berichtet Traub Anfang Januar.

Den Ausbauabsichten liegen Verkehrsprognosen zugrunde. Zählungen haben 2018 bis zu 91 600 Fahrzeuge pro Tag registriert, Prognosen gehen bis 2035 von weiteren 15 bis 25 Prozent aus. Fertig sein soll die auf einem 9,5 Kilometer langen Abschnitt zwischen Aichtal und Echterdingen-Nord dann sechsspurige Straße im Jahr 2030. Kurz vor Jahresfrist hatte das Regierungspräsidium Stuttgart zu Informationsveranstaltungen in Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen eingeladen. Dabei sind verschiedene Ausbau-Szenarien dargestellt worden. Welche es letztlich wird, ist noch nicht entschieden, dass ausgebaut wird, steht allerdings nicht mehr zur Disposition.

Ein Grund für den Ausbau

„Wer was dazu sagt, ist völlig unerheblich“, bringt es Matthias Gastel auf den Punkt. Selbst Kritik des Ministerpräsidenten würde nichts mehr zur Sache tun. Gastel ist Grünen-Bundestagsabgeordneter und lebt in Filderstadt. Er sitzt im Verkehrsausschuss des Bundestags und kennt sich daher mit der Materie bestens aus.

Er hatte sich in der Vergangenheit nicht als klarer Gegner des Ausbauprojekts hervorgetan. Im Gegenteil, Gastel hatte immer wieder betont, warum die breitere B 27 seiner Ansicht nach kommen muss: um die Teilorte Filderstadts vom Verkehr, der dem Stau entkommen will, zu entlasten. „Das ist aber auch wirklich der einzige Grund“, sagt Matthias Gastel. Würde sich hierfür eine andere Lösung finden, sehe er auch keinen Anlass mehr, die Filder weiter zu versiegeln.

Jedoch: Gastel ist Realist genug um zu wissen, dass Gegenbewegungen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät kommen. Seit 2016 stehe der Ausbau der B 27 im sogenannten Fernstraßenausbaugesetz, sei also gesetzlich geregelt. Dass die B 27 da wieder herausgestrichen werden könnte, hält Gastel für utopisch. Der Bundestag müsste das Gesetz dafür erneut öffnen. „Das fassen die, die regieren, nicht noch mal an“, sagt der Grünen-Politiker. Was vor allem daran liege, dass in dem Gesetz mehr als 1000 Straßenprojekte zusammengefasst seien. Die Beteiligten dürften froh sein, dass dies endlich abgehakt ist, Gastel kann kein Interesse erkennen, diese Angelegenheit aufzurollen.

Er ruft ins Bewusstsein, dass die breite Debatte um den Klimaschutz eine recht junge sei. „Es ist eine neue Entwicklung, dass Straßenbau nicht mehr als Zukunftslösung per se gesehen wird“, sagt er. Als der Ausbau der B 27 beschlossen worden sei, habe es kaum Widerstände dagegen geben, erinnert sich Gastel.

Grüne wollen neue Überprüfung

Die Grünen in Berlin fordern inzwischen, dass alle Straßenbauprojekte, die noch keine Baureife erreicht haben, erneut überprüft werden sollten. Und zwar maßgeblich auf ihre Auswirkungen in Sachen Nachhaltigkeit. „Aber damit sind wir alleine in der politischen Landschaft“, sagt Gastel. Ob der Ausbau der B 27 zu jenen noch überprüfbaren Projekten gehören würde, kann Gastel nicht mit Sicherheit sagen. Noch seien die Bewertungskriterien nicht festgelegt worden. Er vermutet allerdings, dass die B 27 und ihr Ausbau noch nicht so weit fortgeschritten sind, um sich einer solch geforderten Überprüfung entziehen zu können.

Dass seine geäußerten Zweifel das Ruder kaum mehr herumreißen dürften, ist auch dem OB Traub bewusst, wie er sagt. Trotzdem hofft er, dass die Botschaft ankommt: Es gibt Gesprächsbedarf in Filderstadt. Das wolle er als nächstes im Gemeinderat thematisieren. Denn worauf er zumindest noch hofft: dass sich an der Art des Ausbaus noch etwas drehen lässt.